Tschaika 21/16 – Tante Crystal uff Crack am Reck
Seit geraumer Zeit spielen sich Tschaika 21/16 durch den Berliner Underground und beweisen, dass instrumentale Gitarrenmusik auch Humor haben kann. Musiker von RoToR, Alligatoah und Ohrbooten vermengen Dreck mit Augenzwinkern, krautigen Noise mit Groove und Wahnwitz. Ihr Debüt „Tante Crystal uff Crack am Reck“ machte bereits seine Runden durch die Szene und erhält dank Noisolution nun seinen verdienten überregionalen Release.
Gewöhnungsbedürftig ist das, was sich hier abspielt, durchaus, nicht nur aufgrund der zumindest kuriosen Titel. Den Sound der Hauptstädter will und muss man sich erst erarbeiten. Wenn „NadashaBackDieGowa“ nach mehreren Fehlstarts aber letztlich doch loslegt und fette, entstellte Gitarrenwände auf treibende Drums und dicke Grooves treffen lässt, hat das Charme. Kauzige Zwischenspiele und das anfangs ebenfalls seltsam anmutende Outro verlangen höchste Konzentration und ordentlich Sitzfleisch ab. Denn: Je öfter das Ding läuft, desto besser und schmissiger wird es.
Was für das erste Powerhouse gilt, lässt sich auch auf weite Teile des übrigen Albums umlegen. Das unwahrscheinlich fette, stellenweise mit Doom-Drone-Elementen spielende „Doom mich auch“ tastet sich zunächst an Neurosis und Earth heran, ergehtht sich abschließend jedoch in… Trompetentönen? Es ist dies im Übrigen der Abschluss des monumentalen Dreiers gegen Album-Mitte. Eingeleitet vom herrlich zerstückelten, manischen „Zeh64“, drehen Tschaika 21/16 im neunminütigen „Lass mich doch in deinem Wald der Oberförster sein“ komplett am Rad. Schräge Samples, kurzweilige Vocal-Einlagen, Blechbläser und krautig-proggige Zäsuren vermischen zig Songideen in einen gewaltigen Brett. Und siehe da, es funktioniert.
Einzig im abschließenden „Man nennt sie Nancy“ wird es eine Spur zu kaputt, doch auch hier unterhält das Instrumental über weite Strecken. Vor allem aber will, nein, muss man sich „Tante Crystal uff Crack am Reck“ erst ein wenig schönhören, um richtig Freude an diesem kuriosen Wunderwerk zu haben. Abgesehen vom mittelprächtigen Finale vermeiden es Tschaika 21/16, übers sprichwörtliche Ziel hinauszuschießen, und servieren stattdessen herrlich verqueren, um die Ecke denken Instrumental-Wahnwitz mit Grower-Potential und hohem Unterhaltungswerk. Dicke Gitarren, mächtiger Groove, Liebe zum Detail – eine Offenbarung über Umwege.
Tante Crystal uff Crack am Reck
VÖ: 11.11.2016
Noisolution (Indigo)
Tschaika 21/16 @ Facebook
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