Jimmy Eat World – Integrity Blues
Jim Adkins möchte nicht mehr über Probleme singen und sucht stattdessen nach Lösungen: Für den Nachfolger von „Damage“ stehen Veränderungen im Hause Jimmy Eat World an. Erstmals nahmen sich die Emo-Pioniere eine längere Auszeit (in der Adkins unter anderem einige Solosongs aufnahm) und fanden sich für das inhaltlich deutlich positivere „Integrity Blues“ wieder zusammen. Auch musikalisch setzt das nunmehr neunte Studioalbum den zugänglichen Trend der jüngeren Vergangenheit konsequent fort.
Wie schon auf „Damage“, dauert es eine ganze Weile, bis „Integrity Blues“ in die Gänge kommt. Zum Teil liegt das wohl auch am Fehlen von treibenden Rockern. Die mitreißende Single „Get Right“ ist da noch die Ausnahme, hätte auch vor über zehn Jahren funktioniert und trifft mit reduziertem Biss deutlich ins Schwarze. Einzig „Through“ kann zumindest noch ungefähr in diese Riege eindringen, bleibt trotz kurzer, schroffer Exkurse aber insgesamt in eher poppigeren Gefilden hängen. Eingängig sind diese knapp drei Minuten allemal.
Irgendwo zwischen den Stühlen lässt sich auch der zweite Vorbote „Sure And Certain“ einordnen. So blass die Strophe anfangs auch klingt, so gewöhnlich der Refrain anmuten mag: Je öfter der Track läuft, desto besser klingt er, desto mehr vereinnahmt er für sich. Auf diese Weise schlägt auch das an die „Clarity“-Ära erinnernde „You Are Free“ zu, während mit „The End Is Beautiful“ ein weiterer, etwas schmalbrüstiger Versuch „Hear You Me“ hochleben zu lassen, bestenfalls putzig ausfällt. Und dann sind da noch die experimentellen, beinahe proggigen Jimmy Eat World, die das unterkühlte „Pass The Baby“ zu einem laut stampfenden Finale tragen und aus dem zunächst bestenfalls netten „Pol Roger“ ein kleines, gewaltiges Opus zaubern.
Letztlich ist „Integrity Blues“ eine einzige, 47 Minuten andauernde Geduldsprobe mit so manchem Schönheitsfehler geworden. Der noch zahmere Sound bringt einen gewissen schalen Beigeschmack mit sich, außerdem verlangen einige Songs vier bis fünf Durchläufe, um einigermaßen zu zünden. Mit gelungenen Ohrwürmern und überraschender Experimentierfreude ziehen Jimmy Eat World den Kopf aus der Schlinge. Dass sie es eigentlich besser können, versteht sich von selbst. Dass „Integrity Blues“ dennoch funktioniert, spricht für sie.
Integrity Blues
VÖ: 21.10.2016
RCA Records (Sony Music)
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