Twin Red – Please Interrupt
Neben Post Punk feiert aktuell auch emotional aufgeladener 90s-Alternative-Rock eine kleine Renaissance. Mitten im Getümmel: Twin Red, ehemals Client., aus der frischgebackenen Zweitligastadt Hannover. Im Schnitt keine 24 Jahre alt, haben die jungen Herren wohl den Sound von Title Fight, Jimmy Eat World, The Juliana Theory und Basement mit der Muttermilch aufgesogen. „Please Interrupt“ verspricht große Gefühle und ganz viel Weltschmerz.
Kleine Songperlen treffen auf Moll-Töne und herrlich zittrige Gitarren für maximales 90s-Gefühl. „All Over“ beginnt direkt mit dem Refrain – eine Taktik, die in den letzten Jahren viel zu selten zu hören war. Die mittlerweile unorthodox gewordene Herangehensweise funktioniert, weil die etwas ruhigeren Strophen diese Aneinanderreihung an Mini-Höhepunkten geschickt zusammenhalten. Wie im Rausch geht es durch dieses kleine Highlight Reel. Auch die zweite Single „Replace My Head“, wenngleich traditioneller arrangiert, bleibt sogleich im Gehörgang hängen. Gefühlsechte Schieflage trifft auf krachiges Geschrammel – richtig schön einfach und gerade deswegen so sympathisch.
In ähnlicher Gangart gestaltet sich auch das restliche Album. In „Waking Up Tomorrow“ erinnern Twin Red kurz an die nachdenklichen Momente von blink-182, nur um im nächsten Moment den Bogen zu Dashboard Confessional zu spannen. Einen richtigen 90s-Emo-Trauerkloß sucht man lange Zeit vergebens, bis der Rausschmeißer „Way Out“ sämtliche Register zieht. Im mächtigen Chorus brechen alle Dämme, das Herz droht zu zerspringen.
Natürlich klingt „Please Interrupt“ in manchen Momenten geradezu plakativ und klischeebeladen, aber das macht letztendlich den Charme dieses Albums aus. Twin Red setzen auf 90s-Charme mit gefühlsbetonter Ehrlichkeit und richtig gutem Songwriting. Natürlich klingen die zehn Tracks über weite Strecken vertraut, aber mit ordentlich Energie, eigener Note und Herzblut klöppelt das Quintett aus Hannover ein kleines aber feines Liebhaberalbum für Spätgeborene und Nostalgiker.
Please Interrupt
VÖ: 27.05.2016
Evil Greed
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