Reuben Hollebon – Terminal Nostalgia
Reuben Hollebons Musikkarriere begann zögerlich. Erst mit 18 widmete er sich einer Gitarre, dann studierte er Musik und Audiosysteme in Huddersfield. Zu anfänglichen Live-Auftritten musste er förmlich genötigt werden, die erste EP wurde in Recording-Pausen aufgenommen, während er als Studiotechniker arbeitete. Nun ist das Debütalbum „Terminal Nostalgia“ da, das sich zwar ein wenig auf den Erinnerungs- und Selfiewahn bezieht, im Grunde aber von einem Singer/Songwriter handelt, der keine Zeit zu verlieren hat und verlorene Jahre aufholen will.
Eben jene eigene Stimme macht Hollebon so faszinierend. Sie ist etwas schief und quengelig, wehleidig und unangenehm. Stellenweise erinnert er an Thom Yorke, steht mit seinem fordernden Vortrag aber auch in bester Tradition britischer Folk-Musiker. Gelegentlich kommt er sogar fast komplett ohne instrumentale Untermalung aus. „Augustus“ ist ein solcher minimalistischer Moment, in dem der Gesang ob seiner Zittrigkeit dennoch ein wenig in den Hintergrund rückt, wie eine Begleiterscheinung wirkt und genaues Hinhören erfordert.
Überhaupt will „Terminal Nostalgia“ aufmerksam und konzentriert gehört werden, denn bei aller unterschwelliger Melancholie leuchtet die Platte dennoch kunterbunt. „We’re Gonna Miss Us (When We’re Gone)“ bibbert im Falsett, während das träge Arrangement nach einer drohenden Explosion klingt, die jedoch ausbleibt. Ähnlich spektakulär im Kleinen gestaltet sich „Braces“ mit Uptempo-Percussion, intensiv angeschlagener Gitarre und einem Protagonisten, der sich zunehmend in eine Art Trance spielt.
Wahrhaftig, das Debütalbum des Briten ist keine leichte Kost und gerade deswegen so faszinierend. „Terminal Nostalgia“ will sich nicht so recht entladen und bezieht seine Kraft stattdessen aus feinen Nuancen, aus minutiöser Detaillarbeit und kauzigem Charme. Reuben Hollebon verlangt vollste Aufmerksamkeit, muss ge- und erhört werden. Was diesen Einstand so faszinierend macht, lässt sich kaum beschreiben. Gelegentlich überstrahlt das Bauchgefühl den analytischen Geist. „Terminal Nostalgia“ ist eine Platte für Bauchmenschen.
Terminal Nostalgia
VÖ: 20.05.2016
Bright Antenna / ADA (Warner Music)
Reuben Hollebon @ Home | @ Facebook
„Terminal Nostalgia“ @ Amazon kaufen