The Jayhawks – Paging Mr. Proust
Seit stolzen drei Jahrzehnten sind The Jayhawks unterwegs und legten mit ihrem Alternative-Country-Sound den Grundstein für Bands wie Low oder Lambchop. In jüngeren Jahren gab es mehr Pausen als neue Musik, doch wenn sich Gary Louris und Konsorten wieder an ein neues Album wagen, dann setzt es gewohnt fantastische, ja geradezu begeisternde Kost. „Paging Mr. Proust“ wurde von R.E.M.s Peter Buck und Tucker Martine, der unter anderem bereits mit The Decemberists und Modest Mouse arbeitete, aufgenommen.
In zwölf gleichermaßen sympathischen wie eingängigen Kapiteln nimmt das Quartett so ziemlich alles mit, was sich in ihrem Klangkosmos bewegt. Der Opener „Quiet Corners & Empty Spaces“ führt folglich nicht auf die falsche Fährte, er repräsentiert bloß eine von vielen Facetten. Americana, einfühlsamer Rock, beinahe zuckrige Melodien und Country-Untertöne stellen Harmoniebedürfnis in den Vordergrund. Direkt im Untergrund überrascht „Lost The Summer“ mit Stoner- und Sludge-Untertönen. Natürlich sind sämtliche Jayhawks-Trademarks an Bord, aber es wäre ebenso keine Überraschung, würden diese dreieinhalb Minuten einer Desert Session entstammen.
Für „Ace“ überrascht das Quartett mit losgelöstem Krautrock und stilvoller Weirdness. Gerade der ellenlange Mittelteil mit Feedback-Schleifen, Dissonanz und blubbernder Orgel hat ungemein viel Charme. Da kommt ein „Lies In Black And White“ als konventioneller Midtempo-Track aus dem amerikanischen Songbook gerade recht. Selbst für ein kleines Mundharmonika-Solo bleibt Platz. Ebenso sympathisch: „Pretty Roses In Your Hair“, das durchaus auch von Low stammen könnte und mit einem J Mascis-Gedächtnissolo überrascht.
The Jayhawks wirken über die gesamte Spieldauer wie Suchende, die allerdings schon längst fündig geworden sind. „Paging Mr. Proust“ rollt durch die amerikanische Volksseele mit herrlichen Ausreißer in progressive und schräge Gefilde, stets geschmackvoll und unterhaltsam in Szene gesetzt. Nein, das ist im Fall der Jayhawks nun wirklich nicht neu, wohl aber verdammt unterhaltsam.
Paging Mr. Proust
VÖ: 29.04.2016
Sham Records / Thirty Tigers (AL!VE)
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