Wintersleep – The Great Detachment
Nach dem unterhaltsamen „Hello Hum“ nahmen sich Wintersleep erst einmal eine längere Auszeit, um frische Energie zu tanken. In ihrer kanadischen Heimat sind sie bereits eine Alternative-Institution, hierzulande fristen sie nach wie vor ein Randdasein. Immerhin ist „The Great Detachment“ nun das erste Album, das zeitgleich auch in Deutschland erscheint. Es handelt sich um eine echte Bandplatte, von einer „sehr eigenartigen Energie“ im Studio war im Vorfeld die Rede.
Die wuchtige, voluminöse Single „Amerika“ eröffnet dieses Album und klingt hinsichtlich Präsentation und Arrangierung nach den Pixies auf Steroiden. Während im Hintergrund feine Backings auf druckvolle Drums treffen, kombinieren Wintersleep folkige Americana-Klänge mit dem besten der Alternative-Welt. „Santa Fe“ treibt es sogar noch ein Stückchen bunter und erinnert dabei kräftig an die Stereophonics der „Dakota“-Ära. Elektronische Entfremdung begleitet die Strophen dieser Tour de Force, abgerundet durch einen unverschämt eingängigen Breitwand-Refrain, der geradezu nach Hit schreit.
In weiterer Folge verbreitern Wintersleep ihren Sound hörbar und spielen mit den unterschiedlichsten Einflüssen. Da wäre beispielsweise „Freak Out“, ein forscher Uptempo-Rocker mit erdig-süßlichem Refrain, oder die herrlich schwelgerische Power-Ballade „Shadowless“ mit Formatradio-Qualitäten, die dank kräftiger Bon Iver-Note vor der drohenden Pathos-Falle rettet. Direkt im Anschluss peitscht sich „Metropolis“ zunächst mit Claps an, bevor Melancholie und unverschämt dicker Sound auf die offene Straße treiben. Das zarte Britpop-Liebesbekenntnis „Who Are You“ rundet das Album schließlich sympathisch ab.
„The Great Detachment“ ist komplett anders als „Hello Hum“ und knüpft doch nahtlos an diesen Charmebolzen an – eine gewohnt krude und doch eingängige Mischung, die perfekt die Eigentümlichkeit Wintersleeps in Szene setzt. Selten klang die Band so mächtig, eben wie eine echte Einheit, die diese neuen kleinen Hits gemeinsam erarbeitet hat. Zwischen poppiger Unverfänglichkeit, Traditionsbewusstsein und Breitwand-Brit-Hymnen machen die Kanadier abermals verdammt viel richtig.
The Great Detachment
VÖ: 04.03.2016
Dine Alone Records / Caroline (Universal Music)
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