Holy Esque – At Hope’s Ravine
Diese Stimme, diese eigentümliche Stimme – als wäre der Sound von Holy Esque nicht schon speziell genug, ist da noch dieses ganz besondere Tremolo-Falsett von Pat Hynes. Kratzig, luftig, eindringlich, wütend, furios führt er durch elf Songs, die irgendwo zwischen Post Punk und den Anfängen der Simple Minds, zwischen der ungestümen Glorie von JJ72 und der ewigen Suche von Echo & The Bunnymen platziert sind. Und eigentlich doch ganz anders klingen. Und so eigen. „At Hope’s Ravine“ heißt das Album zu einem der interessantesten musikalischen Phänomene des Jahres.
Das eröffnende Triumvirat alleine setzt wiederholte Ausrufezeichen und illustriert die enorme Bandbreite der Schotten. „Prism“ ist schwerfällig, eindringlich, hart und gitarrengesteuert. Die erste Begegnung mit Pat Hynes ist geprägt von Wut und Weltschmerz, dem Mut der Verzweiflung. Im direkten Anschluss lässt sich „Rose“ von einer euphorischen Gitarrenmelodie nach vorne tragen, springt mit seiner unbändigen Energie direkt aus den Boxen. Es ist dies die eigentliche Debütsingle des Quartetts, bereits vier Jahre alt und nach wie vor bärenstark. Hynes singt sich in einen zittrigen Rausch und gibt damit ein Bewerbungsschreiben für Clap Your Hands Say Yeah ab.
„Hexx“ krönt im direkten Anschluss diese Platte. Keyboards, Synthis, herrlich verschachtelter Rhythmus und gewohnte vokale Nachdenklichkeit, die sich mehr und mehr in eine Art Shoegaze-Rage steigert. Was der Frontmann hier aus seinen Stimmbändern rausholt, bewegt, gerade in den zahlreichen Wiederholungen dieses nie enden wollenden Monsters. Immer lauter, immer intensiver werden Holy Esque, packen die alte Wave-Keule aus und geben kratzbürstiger Schönheit ein neues Gesicht. Hier ist nichts ins Auge geflogen, das sind tatsächlich Tränen.
Eigentlich könnte man jetzt bereits abschließen und nach Hause gehen, doch es gibt noch so viele grandiose Momente zu entdecken. „Tear“ beispielsweise, eine weitere Auskopplung, die aus dem melancholischen Midtempo-Bereich laufend am Stand explodiert und zwischendurch mit Handclaps für einen kuriosen Gegenpol sorgt. „Covenant III“, eine sympathische Verneigung vor den Anfängen des Post Punk, gekreuzt mit frustierter vokaler Verwundbarkeit. Und schließlich „My Wilderness“, das vermuten lässt, wie ein drittes Album von JJ72 hätte klingen können.
Vor allem lassen Holy Esque die gesamte Spielzeit hindurch keinen wirklich schwachen Moment erkennen, auch wenn nicht jeder Song das unwahrscheinliche Niveau des Anfangstrios erreicht. Jeder Aufbau macht Sinn, der kuriose Stilmix hat Charme, das Songwriting lässt sowieso kaum Wünsche übrig. Garniert mit Pat Hynes‘ besonderer Stimme, an der sich freilich die Geister scheiden werden, dürfte „At Hope’s Ravine“ eines der besten und wichtigsten Debütalben des Jahres werden. So klingt Katharsis auf Schottisch.
At Hope’s Ravine
VÖ: 26.02.2016
Beyond The Frequency / Believe Digital (Soulfood Music)
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