Kneebody + Daedelus – Kneedelus
Die Theorie der technischen Singularität geht davon aus, dass der Mensch mehr und mehr mit Computer-Technologie verschmelzen wird. Ähnliche Bestrebungen lassen sich bereits in der Jazz-Welt beobachten, wo Electro-Künstler mit Jazz-Formationen kollaborieren, oftmals aber nur ein paar schüchterne Synthis liefern. Das Jazz-Quartett Kneebody und das elektronische Duo Daedelus gehen nun aber neue Wege. „Kneedelus“ beruht von vorne bis hinten auf vollständiger Gemeinschaftsarbeit in Arrangierung und Ausführung.
Die Kunst dieser 51 Minuten: Zu keiner Zeit hört man, dass hier eigentlich zwei grundverschiedene Formationen interagieren. Nahtlos fügen sich die Welten von Kneebody und Daedelus zusammen, und das stets rein instrumentaler Natur. Zwei Klangwelten finden zueinander, oftmals gar spektakulär. Kneebody besinnen sich immer wieder auf die verhältnismäßig rockige Ebene des Genres und wachsen damit über sich hinaus. Dabei kommt beispielweise „Drum Battle“ hinaus, ein verspieltes, hektisches Stück (Free-)Jazz, in dem synthetische Drums auf humane Rhythmusabteilungen treffen, getragen von wütenden Bass- und Saxophon-Improvisationen.
Auch der programmatisch betitelte Opener „Loop“ – kurioserweise ist das Schlagzeug hinter intensiver und präsentiert als im eigentlichen Battle-Track – hat seinen Reiz mit hektischen Drumsalven, dissonanter Orgel, fiesen Synthis und provokant zurückgelehnter Jazz-Attitüde. Sehr sympathisch sind aber auch jene Nummern, in denen sich Daedelus ein wenig zurückhalten und vor allem die Hintergrundgestaltung übernehmen. So weist beispielweise „Rounds“ zwar ein noisiges Beat-Konzept auf, der quengelige Kneebody-Anteil steht aber im Mittelpunkt. Auch das gemütliche, loungige „Home“ funktioniert mit zurückgenommenen Effekten und relaxter Atmosphäre.
Gefangen, aber keineswegs verloren zwischen den Welten, gelingt Kneebody und Daedelus eine höchst attraktive Gemeinschaft zweier Welten, die auch tatsächlich miteinander harmonieren, und das von vorne bis hinten. Freilich, „Kneedelus“ ist wirklich nur für ein spezielles Publikum gemacht und erscheint nicht umsonst ausschließlich digital. Die musikalische Reise wird zum Ziel, zur Herausforderung, zum hörbaren Gewinn für alle Beteiligten. Im Jazz-Dunstkreis waren sich Mensch und Maschine selten so nah.
Kneedelus
VÖ: 27.11.2015 (DL-Album)
Brainfeeder / Ninja Tune
Kneebody @ Home | Daedelus @ Home
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