Farben/Schwarz – Eins
Post-Hardcore auf Deutsch, längst ist das keine Randerscheinung mehr – einfach mal bei Marathonmann oder Fjørt nachfragen. Nun werfen sich auch Farben/Schwarz auf diesen Acker. Vier Hamburger, bei denen unter anderem Mitglieder der ominös stillen kju: mitwirken, stehen offensichtlich auf Thrice und The Tidal Sleep. In fünf knappen, den Exitus heraufbeschwörenden Akten prügeln sich die vier Nordlichter durch ihre erste, programmatisch „Eins“ betitelte EP.
Die Klänge, freilich, sind vertrauter Natur – die Wirkung dafür umso imposanter. „Vollkontrast“, Opener und Video-Auskopplung in einem, bringt das Erlebnis Farben/Schwarz in etwas über drei Minuten auf den Punkt. Punkige Untertöne, angedeutete Harmonien und stets präsenter Biss, ausgedrückt durch flirrende Juliana Theory-Gitarren und fiese, eindringliche Vocals, führen in Windeseile zum nicht minder einprägsamen Refrain. Der Baukasten wird auseinandergenommen, neu zusammengesetzt und vor allem im verlangsamten Schlussteil um eine herrlich zerstörerische, intensive Facette bereichert.
Danach: ein kleiner Siegeszug; ohne wirklichen Überflieger, aber auch ohne Durchhänger. „Alles Disko“ ist der obligatorische Wellenbrecher, „Sonnenwende“ setzt geschickte Zäsuren und wirkt in seinen Wutausbrüchen dafür um vieles rasender, während das kurze „Sirene“ mit melodischer Bandbreite und einem Hauch Funeral For A Friend überrascht – eine lohnenswerte andere Seite der Hamburger, die es auf künftigen Releases weiter zu erforschen gilt. „Glas bricht“ nimmt zum Abschluss nochmals die Grundstimmung des Openers auf und lässt mit fortlaufender Spieldauer vermehrt Dissonanzen einfließen bis zur spontanen Implosion.
Natürlich bedienen Farben/Schwarz zahlreiche Muster der bereits erwähnten Bands und sind noch im Begriff eine eigene Identität zu finden. „Eins“ ist aber der richtige Weg, ein Sammelsurium an bissigen, ungeschminkten Genre-Standards mit melodischen Überraschungsmomenten, tiefsitzendem Schmerz und einem Herz für Zäsuren. Noch sind Farben/Schwarz damit beschäftigt, sich musikalisch von den Kollegen abzusetzen, wecken mit diesem Einstand aber große Hoffnungen auf eine rosige, dissonant-eingängige Zukunft.
Eins
VÖ: 11.09.2015 (DL-Single)
Sportklub Rotter Damm
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