SAFI – Janus

SAFI

Manche popkulturelle Phänomene muss man nicht verstehen. Oder doch? Die Band SAFI um die gleichnamige Frontfrau, eine ehemalige Kunststudentin und nunmehrige Stimmakrobatik, stellt die geneigte Hörerschaft regelmäßig vor Rätsel. Als das Trio nach der Veröffentlichung ihres Debüts „Kalt“ von Masters Of Reality als Tour-Support eingeladen wurden, schmiss Safi ihren Job, schnürte den Gürtel enger und verdiente sich als Grafikdesignerin. Die Produktion des Nachfolgers „Janus“ – ursprünglich sollte Strokes-Knöpfchendreher Gordeon Raphael die Angelegenheit übernehmen – wurde billiger durchgeführt, die Musik noch noisiger und kratzbürstiger.

„Ausgebrannt“, erster Musikfetzen dieses Albums, getragen von zwei angeschlagenen Gitarren, Schlagzeug und Safis Stimme zwischen Skin und Nina Hagen. Bass? Braucht keiner, dafür beinahe loopartig arrangierte Distortion-Wände, gelegentliche Elektronik-Flächen, ohrenbetäubenden Lärm und spitze Schreie. In drei Minuten rumpeln SAFI von Punk und NDW durch ein Industrial-Rock-Zeitfenster. Zu- oder gar Einzelfall? Mitnichten, denn Kakophonie ist eine der Lieblingszutaten dieses Trios – siehe und höre das unnachgiebige Fragment „Entschuldigung“.

Es darf gelegentlich auch schon mal melodisch, beinahe poppig-eingängig sein, wenn auch zumeist unter zahlreichen Produktionsschichten verborgen. „Offensichtlich“, die andere Video-Auskopplung, flüstert sich förmlich durch die Strophen und legt im Refrain einen ausgelassenen Veitstanz mit Garagen-Attitüde hin. Für „Fragezeichen“ versinken SAFI in semi-balladesken Loops und ausgesuchter Leisetreterei, „Alle laufen“ wird zur wehmütigen Sinnsuche mit großem Sehnsuchtsmoment, während „Sagen und denken“ die Punk-Attitüde des Debüts noch stärker in Richtung Alternative weiterdenkt.

Was SAFI genau vorhaben, das wird nicht immer gleich klar. Einfach ist dieses zweite Album schon gar nicht, nützt den Geduldsfaden bevorzugt für Bungee-Sprünge, stößt mit ausgesuchter Widerspenstigkeit immer wieder vor den Kopf, und das hörbar mit wachsender Begeisterung. Dennoch liegt gerade in dieser Anti-Darbietung, der facettenreichen Stimme Safis und der Kunst des Abstoßens die Kraft von „Janus“, diesem durch und durch von Makeln geplagten Kargland der emotionalen Überempfindlichkeit. Industrielle Kunst mit DIY-Ethos und lyrischer Sinnsuche – ein kathartisches, mutiges Happening.

SAFI - Janus

Janus
VÖ: 26.06.2015
[PIAS] Recordings (Rough Trade)

Janus @ Home | @ Facebook
„Janus“ @ Amazon kaufen