Vierkanttretlager – Krieg&Krieg
In einer ersten Prognose wurde das vor über drei Jahren veröffentlichte Vierkanttretlager-Debüt „Die Natur greift an“ als mögliches Sturm-und-Drang-Album bezeichnet, als ruppiger Auftakt jener Husumer, die das Zeug zu den künftigen Elder Statesmen des deutschsprachigen Indie Rock-Genres haben. Meinte man, wird nun aber eines Besseren belehrt. „Krieg&Krieg“ vertont die nahende Apokalypse und das Dahinscheiden der letzten Menschen; „Krieg&Krieg“ stellt der neuen Post-Punk-Generation um Die Nerven und Karies die Rute ins Fenster.
Der eröffnende Titeltrack startet den Countdown zum Weltuntergang, zum reinigenden Krieg, der herbeigesehnt wird und letztlich seine Erlösung in der Apokalypse findet. Besonders der fieberhafte Chorus, in den sich Max Leßmann mehr und mehr verbeißt, wird zum schroffen Festmahl zwischen Public Image Ltd., Gang Of Four und Bauhaus. „Lass uns den Verstand verlieren“ baut im direkten Anschluss auf die Gummitwist-Seite des Genres nebst unverschämt eingängiger Melodik und methodischer Atemlosigkeit.
Vierkanttretlager hetzen förmlich durch die zehn Songs, halten nur selten inne („Kaktusblüte“, Teile von „Der letzte Satz der Welt“) und lassen stattdessen Neubauten einstürzen. „34 Narben“ ist ein Liebeslied vor Katastrophen-Hintergrund, „Wer tot ist“ der Drang zum Ende und „Butterfahrt nach Camelot“ der vielleicht punkigste Track dieser Platte. Im abschließenden „Schweigen“ begehen die letzten beiden Menschen der Erde Doppelselbstmord, beklemmend nackte Instrumentierung inklusive. „Zwei Kugeln gingen aus der Trommel, gingen durch den Lauf, und bliesen in der Dunkelheit die letzten Lichter aus“ – der letzte Vorhang fällt.
Kein zweites „Fotoalbum“, keine Heimeligkeit, kein großer Chor: Sicherheitsdenken ist Vierkanttretlager fremd. Genau das macht „Krieg&Krieg“ so stark und gleichermaßen erschütternd. Ungekünstelt, brachial, verdammt clever, wortgewaltig und musikalisch intensiv prasseln lyrische Doppelbödigkeiten auf Post-Punk-Tanzböden, naht das Ende auf keinesfall leisen Sohlen. Erwartungen werden ad absurdum geführt, mit Pauken und Granaten übertroffen: „Krieg&Krieg“ ist jene Platte, an der es sich 2015 zu messen gilt.
Krieg&Krieg
VÖ: 17.04.2015
Buback Tonträger (Indigo)
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