Max Cavalera – Roots, Karma, Chaos
Ohne Charakterköpfe wäre die Musikwelt ein langweiliger Ort. Einer von ihnen ist Max Cavalera, der einst gemeinsam mit seinem Bruder Iggor Sepultura gründete und Brasilien auf die Metal-Landkarte brachte. Nach dem großen Zerwürfnis der Thrash- und Tribal-Urgesteine fand er mit Soulfly und Cavalera Conspiracy weltweiten Erfolg. Erstmals erzählt Max Cavalera nun seine Geschichte in Buchform. Unterstützt durch den Metal-Fachmann und Buchautor Joel McIver, entstand seine Autobiographie, die unter dem Titel „Roots, Karma, Chaos – Mein Leben mit Sepultura und Soulfly“ nun in deutscher Sprache vorliegt.
Wer Exzesse und Abrechnungen eines großen Rockstars erwartet, wird enttäuscht. Im Gegenteil, „Roots, Karma, Chaos“ gestaltet sich angenehm bodenständig und egofrei. So teilt Cavalera so manche schräge Anekdote, die vornehmlich unter Alkoholeinfluss entstanden ist, glorifiziert dabei aber keineswegs. Im Gegenteil, gegen Ende des Buchs gesteht er erstmals ein von Alkohol und Medikamenten abhängig gewesen zu sein, berichtet sogar über seinen Entzug und erwähnt in einem witzigen Nebensatz, dass die Mitarbeiter seiner Plattenfirma wohl einen gewaltigen Schock erfahren müssen, während sie diese Zeilen lesen.
Auf ca. 220 Seiten ist Cavalera schonungslos ehrlich, hat es aber nicht nötig schmutzige Wäsche zu waschen. Gerade ob seines Ausstiegs bei Sepultura und der langjährigen Funkstille zwischen ihm und seinem Bruder Iggor bleibt er überraschend nüchtern, legt seine Sicht der Dinge nachvollziehbar dar und argumentiert geschickt. Natürlich wäre es interessant, eine andere Seite zu hören, aber das ist im Rahmen dieses Buches nicht möglich. Dafür lässt McIver zahlreiche Personen aus Cavaleras Leben zu Wort kommen, von Familie über Bandmitglieder bis zu Freunden, Wegbegleiterung und Kooperationspartnern – ein herrliches Stilmittel, welches das Gelesene lebendiger wirkt.
Die einzigen Problemchen bringt die vorliegende deutsche Version mit sich. Gerade in den ersten Kapiteln gibt sich die Übersetzung übertriebenen, dem Alltagsgebrauch fernen Floskeln hin, die so mancher Geschichte den Reiz nehmen und nach Sprücheklopfen riechen. Ebenso wäre beim Lektorat zusätzliche Sorgfalt geboten gewesen; Schönheitsfehler, die aber letztlich nicht von der Klasse dieses Buchs ablenken, das Dave Grohl mit einem gewohnt euphorischen und mitreißenden Vorwort – Max Cavalera sang einen Track für Grohls Allstar-Projekt Probot ein – beginnt und somit das Tempo vorgibt.
Sieht man über kleinere, letztlich im Rahmen bleibende Unstimmigkeiten in der deutschen Bearbeitung hinweg, ist „Roots, Karma, Chaos – Mein Leben mit Sepultura und Soulfly“ eine ausdrückliche Kaufempfehlung. Max Cavalera wirkt unheimlich sympathisch, ehrlich und zeigt sich als echter Musikfan, der sich wie ein kleines Kind freut, wenn er mit den Helden seiner Jugend zusammenarbeiten darf, der stets neue Musik entdecken und auf keinen Fall langsamer werden will, der nebenbei viele faszinierende Details aus den Aufnahmesessions der Platten seiner verschiedenen Projekte verrät, und der auf die unterschiedlichsten Länder, Kulturkreise und musikalischen Easter Eggs eingeht. Kurzum: ein Muss für jeden Freund härterer Musik.
Roots, Karma, Chaos
VÖ: 27.02.2015
I.P. Verlag
Max Cavalera @ Home | @ Facebook
„Roots, Karma, Chaos“ @ Amazon kaufen