The Migrant – Flood
Fernweh und die Liebe zur Musik machten aus dem Dänen Bjarke Bendtsen The Migrant. Nach einigen Jahren bei The Elephants brach der Mann aus dem ländlichen Jütland auf in die USA und reiste immer wieder durch Nordamerika; Erlebnisse, die seine ersten drei Alben beeinflussen sollten. Zwar wohnt Bendtsen mittlerweile – wieder – in Kopenhagen, das texanische Austin ist jedoch für ihn zu einer Art zweiten Heimat geworden und dient als steter Quell der Inspiration. Die neue Platte „Flood“ wurde dennoch in Dänemark aufgenommen, und zwar erstmals unter Live-Bedingungen mit voller Unterstützung durch Bendtsens Band.
Setting, Umgebung, Aufnahmeform, Globetrotting, Erfahrung, musikalische Offenheit – all das sind Faktoren, die sich ungemein positiv auf die zehn Songs auf „Flood“ ausgewirkt haben müssen. Nicht umsonst klingt The Migrant so energisch und tiefenreinigend wie noch nie. Zwei der stärksten Songs haben sich zur Album-Mitte versteckt. Zunächst wird „Silence“ zur andächtigen Folk-Rock-Spurensuche mit kräftigem Singer/Songwriter-Unterbau und einer gleichermaßen kauzigen wie einprägsamen Melodie. Im direkten Anschluss steigert sich „Water“ von Sekunde zu Sekunde mehr in sich selbst hinein, wirkt beinahe tanzbar und doch hibbelig, experimentell, geradezu unnahbar. Der sperrige und doch eingängige Charme erinnert – nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal auf diesem Album – an Radiohead.
In dieser Form werden die gut 40 Minuten zu einem einzigen gewaltigen Triumphzug ohne nennenswerte Schwachstellen. „Climbers“ eröffnet das Album mit der bereits bekannten Mischung aus Folk und Singer/Songwriter, sieht Bendtsen gelegentlich gen Falsett abdriften und bewahrt stets eine souveräne, einfühlsame Grundhaltung. An dieser Stelle sei der Migrant-Band ein großes Lob ausgesprochen, die unter Live-in-the-Studio-Bedingungen hörbar aufblüht und dafür sorgt, dass selbst durchschnittliches Material („Give Up“, „Belly Of A Man“) erstrahlt.
Das nachdenkliche und doch bestimmt rockende „Tiger“, der folkig-poppige Hippie-Twang von „The Fixer“, der sentimental-gespenstische Abgang „Row Row“ – sie alle verstehen es mit vergleichsweise einfachen Mitteln großartige Geschichten zu erzählen, für die man eigentlich keine Lyrics bräuchte, ließe sich Bendtsens großartiges Organ doch wie ein eigenes Instrument sehen. Und doch wäre es fatal sich dem zusätzlichen inhaltlichen Hörerlebnis zu berauben, dem sprichwörtlichen Tüpfelchen auf dem I. Ohne Frage, ohne Diskussion und letztlich auch ohne Zweifel ist „Flood“ in einem bereits beachtlichen Backkatalog das bisherige Migrant-Highlight. Zwischen Live-Bedingungen, organischer Instrumentierung, über alle Zweifel erhabenem Songwriting und dem Zusammentreffen sämtlicher glücklicher Umstände ist jedes Gramm Begeisterung für einen der schönsten musikalischen Jahresanfänge verdient.
Flood
VÖ: 16.01.2015
DevilDuck Records (Indigo)
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