Deichkind – Niveau weshalb warum
Nicht zuletzt dank „Bück dich hoch“ und „Leider geil“ konnten Deichkind für ihr letztes Album „Befehl von ganz unten“ erstmals Platin einfahren. Das Trio, das sich besonders durch seine unkonventionellen Live-Shows und die unverkennbar kuriose Video-Ästhetik zwischen Neon-Fasching und Realsatire auszeichnet, gründete daraufhin die Plattenfirma Sultan Günther Music und veröffentlichte zum Einstand den etwas anderen WM-Song „Ich habe eine Fahne“. Dieser fehlt zwar auf „Niveau weshalb warum“, dafür gibt es ordentlich Nachschub für jene, die den Nummer-Zwei-Vorgänger zu schätzen wussten.
An diese Stelle rücken nun elf neue Tracks (sowie ein Fragment), die sich gewohnt zynisch und pointiert mit dem multimedialen Albtraum auseinandersetzen. In „Denken Sie groß“ werden die Deichkinder zu verhinderten Lebenskünstlern und verkaufen eine Zukunft mit herrlich leeren Floskeln. Das Demagogentum wird bissig in seine Einzelteile zerlegt. Im hibbeligen Post-Rave-Albtraum – da ist dieser Begriff wieder – „Powered By Emotion“ muss Werbesprech daranglauben.
Das Geltungsbedürfnis des Menschen 2.0 darf ebenfalls nicht fehlen. Während „Mehr als lebensgefährlich“ diese Aufgabe bestenfalls befriedigend erledigt, wird „Like mich am Arsch“ zum Hit dieser Platte und potentiellen neuen „Leider geil“ als Leitfloskel 2015. Rundherum: kaputte Dancefloor-Filler („So ne Musik“), schmalbrüstige Freak-Huldigung („Was habt ihr“) und ein großartiger Callback zum entspannten „Komm schon“ in Form von „Hauptsache nichts mit Menschen“.
In der Breite ist „Niveau weshalb warum“ allerdings nicht so stark aufgestellt wie die letzten Platten. Gerade „Naschfuchs“ oder „Porzellan und Elefanten“ nerven ungemein schnell, dazu kommt das unnötige Schluss-Fragment „Oma gib Handtasche“ – substanzloser Ulk, um es auf den Punkt zu bringen. Dabei hätten Deichkind derlei Belanglosigkeiten überhaupt nicht nötig; rundherum stimmt alles, sitzen die Hits, passt der Sound, pendelt man zwischen Finger in der Wunde und gewogener Unruhe. Unterm Strich bleib ein gutes bis sehr gutes sechstes Album mit Luft nach oben.
Niveau weshalb warum
VÖ: 30.01.2015
Sultan Günther Music (Universal Music)
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