Foo Fighters – Sonic Highways
Nach dem unwahrscheinlich populären und vielfach ausgezeichneten Garagenalbum fürs Stadion, „Wasting Light“, wollte Dave Grohl mehr. Bloß ein Album aufzunehmen ist für den Tausendsassa längst nicht mehr genug, und so schickte er seine Foo Fighters auf eine Rundreise quer durch die USA. Acht Städte, acht Studios, acht Songs, acht Gäste, acht Dokufolgen – begleitet wurden die Aufnahmen durch eine HBO-Serie, die viel mehr als ein bloßes Making of ist, die auf die Musikszene der jeweiligen Städte eingeht. Beinahe droht „Sonic Highways“, das Album hinter diesem Multimedia-Konzept, verloren zu gehen. Bei all der Grandezza kann es für die Foo Fighters eigentlich nur ein Hit oder ein Flop werden. Dazwischen gibt es nichts.
Die Einstiegshürde, „Something From Nothing“, deutet eine gewisse Grandezza an. Schwerfälligkeit zwischen Led Zeppelin und „I Should Have Known“, schamlos abgekupfertes „Holy Diver“-Riff und Rick Nielsen an der vierten (!) Gitarre – was wie ein überladener Widerspruch in sich klingt, wird zum Triumphzug. Der düstere Auftakt marschiert geschickt in jenen markanten Teil mit zwischenzeitlichem Orgeleinsatz, den Grohl wohl von Them Crooked Vultures mitgebracht hat. Der beinahe obligatorische Wutausbruch mit rasanten Gitarrenduellen, Feedback-Schleifen und finalem Crescendo macht klar: Hier werden keine halben Sachen gemacht.
„Sonic Highways“ ist das große amerikanische Rockalbum der Foo Fighters und bietet dennoch ausreichend bandtypische Momente. Mittendrin das treibende „Congregation“ mit Solo von Zac Brown und die mit zahlreichen Jazz-Band-Instrumenten verfeinerte Midtempo-Granate „In The Clear“. „The Feast And The Famine“, herrlich angelehnt an die Hardcore-Szene Washingtons, wird zur wilden Hetzjagd mit rasantem Tempo, kleinen Widerhäkchen und famosen Backings der Bad Brains. Nebenher: „Outside“, ein melancholischer Rocker mit Post Punk-Produktion, Page-kompatiblem Gitarrensolo von Joe Walsh (Eagles) und mehrköpfigem Chorus-Biest – ein weiterer angenehmer Widerspruch in sich.
Zu den ungewöhnlicheren Tracks dieser Platte zählt „Subterranean“, ein aufwühlendes Epos mit Nirvana-Gruß und Ben Gibbard von Death Cab For Cutie für ein wenig Power-Pop in einem Meer von Slide-Madness. Selbst auf eine kleine Rockoper lassen sich die Foo Fighters ein. „What Did I Do? / God As My Witness“ beginnt herrlich gewöhnlich, bevor im hochtrabenden Finale Queen-Bombast mit unwiderstehlichen Beatles-Melodien kollidiert; quasi das Beste der britischen Musikszene kondensiert auf wenige Minuten. Die abschließende Mammut-Power-Ballade „I Am A River“ zieht mit Rührseligkeit, Streichern und Joan Jett an der Gitarre schließlich den Vorhang zu.
Ließ der erste Durchlauf noch einen kleineren Flop befürchten, so relativiert die Zeit das Gehörte. „Sonic Highways“ ist kein zweites „Wasting Light“ und schon gar kein weiteres „The Color And The Shape“. Dave Grohl und Konsorten setzen alles auf eine Karte mit diesem multimedialen Overflow. Die Rechnung geht auf, zumal man sich zwar durchaus von den jeweiligen Musikszenen beeinflussen ließ, sich diesen oder den prominenten Gästen aber keineswegs anbiederte. Herausgekommen ist eine typisch-untypische Foo Fighters-Platte mit Hits, die man erst freischaufeln muss. Zwischen Konzeptkunst, hochgradig empfehlenswerter Dokuserie (ein baldiger DVD-Release ist Pflicht) und Langzeitwirkung wird verdienter Applaus für ein wahrlich großes Rockalbum gespendet.
Sonic Highways
VÖ: 10.11.2014
RCA Records (Sony Music)
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