Stereo MC’s – Collected

Stereo MC's

Vor 25 Jahren veröffentlichten Stereo MC’s ihr Debütalbum und legten damit den Grundstein für eine Weltkarriere, der britischen HipHop salonfähig machte, als sich die Band selbst schon längst wieder von diesem Sound erfüllt hatte. Gefeiert wird das Jubiläum nicht etwa mit einer Best-of-Platte, sondern mit einer Werkschau der anderen Art. Namentlich an ihr Durchbruchswerk angelehnt, vereinet „Collected“ sämtliche Studioalben, Remixes, Raritäten, unveröffentlichtes und neues Material auf neun CDs und einer DVD.

Als Begleitlektüre empfiehlt sich das Interview mit Nick Hallam und Rob Birch im beigelegten Digibook, das einen Blick auf die lange Karriere der Briten wirft, die sich bereits seit der Grundschule kennen. Nach Glam und Punk entdeckte man HipHop und urbane Musik, die anfangs mit billigsten Mitteln auf einer Kompakt-Anlage aufgenommen wurde. Mittels eingebautem Kassettenrecorder wurden Beats geloopt, bevor man sich einen ersten Sampler anschaffen konnte. So entstand 1989 das Debütalbum „33-45-78“, eine vergleichsweise straighte HipHop-Platte mit für die amateurhaften Aufnahmemethoden geradezu atemberaubenden Sounds. „Supernatural“ zeigte sich im Folgejahr eine Spur deeper und intensiver. Songs wie „Two Horse Town“ und „Life On The Line“ nahmen vorweg, was 1992 passieren sollte.

„Connected“ kratzte am britischen Chartsthron mit seinen zahlreichen Hitsingles und erweiterte den Sound der MC’s um Soul, Electronica und Dance, nach wie vor stark von HipHop beeinflusst. Der lebhafte Big Beat von „Step It Up“, das hektische „Creation“ und der unverschämt entspannte, beseelte Titeltrack führte die Briten auf eine gemeinsame Tour mit U2 und zum Glastonbury-Headliner-Spot. Zwei Brit Awards sollten folgen, und doch bedeutete dieses Album sowie die langen, kräfteraubenden Tour-Aktivitäten beinahe das Aus für die Band. Selbst Hallam und Birch, Freunde seit Kindesalter, sprachen ein volles Jahr nicht miteinander. Neun Jahre sollten bis zu einem Nachfolger vergehen, in der Zwischenzeit hielt man sich mit Mixes für Madonna und die Jungle Brothers sowie einer eigenen DJ-Kicks-Platte über Wasser.

„Deep Down & Dirty“ ließ großartige Neuerungen vermissen, überzeugte dafür – einmal mehr – mit großartigen Songs. Die Musikwelt und, vor allem, das eigene Label hatten sich in der Zwischenzeit stark verändert. Stereo MC’s fühlten sich trotz Tour mit Jane’s Addiction nicht wohl, es folgte ein Best of, auf das man keinen Bock hatte. „Paradise“ öffnete sich musikalisch. Der Sound wurde organischer, Background-Sängerin Cath Coffey durfte sich verausgaben und doch erinnerte die Präsentation ein wenig an die bestens bekannten Stereo MC’s. Erst „Double Bubble“ brach mit diesem Eindruck und führte die Briten 2008 stärker in Richtung Electro und Dance mit einer langen, schwierigen und komplexen Platte. „Emperor’s Nightingale“ war 2011 das bislang letzte Album. Sympathische, abwechslungsreiche Singles, wie „Boy“ mit Jamie Cullum und „Sunny Day“, führten von HipHop über Soul zu Dance und gen Funk. Hallam und Birch hatten den Kreis musikalisch geschlossen.

Für Käufer sind besonders die beiden übrigen CDs interessant. Die Remix-Platte beinhaltet nicht etwa Remixes von den Stereo MC’s; es handelt sich um neue Versionen von Songs der Briten, die sich im Laufe der Zeit angehäuft hatten – nicht unbedingt die interessanteste Lösung. Die Bonus-Scheibe mit rarem und unveröffentlichtem Material hat so manchen Sympathieträger zu bieten („Whatever Made You“, „Threshold“, „The Runaway“), Gradmesser sind jedoch die drei neuen Songs. „Good Feeling“ entpuppt sich als überlanger, etwas belangloser Electronica-Track ohne anständigen Vocal-Einsatz, „Let’s Dance Together“ schlägt mit smartem Biss die Brücke zur „Connected“-Ära und „Autumn Leaves“ könnte zwischen den letzten beiden Alben mit seinem Spagat zwischen Piano-House-Samples und Soul-Untertönen entstanden sein. Richtig begeisternd ist aber keiner dieser Cuts.

Die Enttäuschung hält sich in Grenzen, denn „Collected“ ist ein exzellentes Boxset, alleine schon in seiner Aufmachung: stabile, flammend rote Kartonbox, alle zehn Tonträger (die DVD vereint die „Connected Live“-DVD samt Doku plus sämtliche Videos abgesehen von den „Emperor’s Nightingale“-Clips) kommen in einem gemeinsamen Digibook mit Cardsleeve-Hüllen, dazu kommt das Digibook mit Interview, massig (teils unveröffentlichtem Bildmaterial) und ausführlichen Liner-Notes. Preislich ist diese Box sowieso unschlagbar. Gerade Stereo MC’s-Einsteiger und -Interessierte können hier bedenkenlos zuschlagen, aber auch Sammler sollten sich dieses optisch und musikalisch höchst ansprechende Schmuckstück nicht entgehen lassen. Die Band selbst ist noch lange nicht am Ende, denn, wie sie selbst zu Protokoll geben, denn: „Unsere beste Musik kommt erst noch“.

Stereo MC's - Collected

Collected
VÖ: 24.10.2014
Universal Island Records (Universal Music)

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