Rökkurró – Innra
Nach sieben Jahren Inseldasein kommen die Isländer Rökkurró mit ihrem dritten Album aufs Festland – und noch dazu erstmals in englischer Sprache. Das Sextett um Sängerin Hildur Kristín Stefánsdóttir verankert ihren melancholischen Indie Pop/Rock irgendwo zwischen der nationalen Experimentalschule um Sigur Rós und Björk, nimmt aber ebenso Radiohead und, neuerdings, Synthis statt Cello mit auf die Reise. „Innra“ (dt. „intern“) wurde von Helgi Hrafn Jónsson produziert und gestaltet sich als Wechselbad der Gefühle.
Ein kleiner isländischer Moment hat sich letztlich doch eingeschlichen, und was für einer: „Flugdrekar“ (dt. „Drachen“), dieses luftig-leichte Stück Musik mit stoischer Piano-Untermalung, fließenden Synthis und Stefánsdóttirs weicher, ätherischer Stimme in dieser märchenhaften Sprache macht binnen fünf Minuten Bock auf die beiden bisherigen Alben in Landessprache. Als englischsprachige Antwort auf diese emotionale Explosion präsentiert sich eine Halbzeit lang „The Backbone“, bevor wummernde Schlagzeugsalven und E-Gitarren gen kathartischen Rock-Orgasmus tragen.
Manche Vergleiche drängen sich auf, können so aber kaum gewollt sein. Die Kombination aus hohem Gesang und abstrakten Beats im GusGus-tauglichen Electro-Pop-Track „Hunger“ erinnert durchaus an MIA. – für deutsche Ohren eine amüsante Parallele. Vermehrt wird beim Einsatz von Synthi und Elektronik aber auf Understatement gesetzt. So fließen die synthestischen Bestandteile im an sich bereits ätherischen „Sigling“ angenehm unbeteiligt neben einem nicht minder sphärischen Stimmgewirr umher. Seltene Bandsound-Momente, beispielsweise „Red Sun“, lockern das Geschehen mit einem Hauch von Organik und vermehrter Eindringlichkeit auf.
Die Kunst von „Innra“ ist seine stilisierte Unberechenbarkeit und der latente Hang zur Pop-Perle, gebrochen von Experimentierfreudigkeit und launischen Gitarren. Gerade der isländische Song fällt besonders reizvoll aus und lässt auf einen Re-Release der beiden vorhergehenden Alben hoffen. Der Fokus auf Synthetik und Elektronik tut Rökkurró gut, die Mischung mit organischen Klängen sorgt für eine durchwegs unterhaltsame, abwechslungsreiche Platte zum Liebhaben und innigst Umarmen.
Innra
VÖ: 24.10.2014
Rökkurró Music (State 51)
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