Hey Rosetta! – Second Sight
Kanadas Hey Rosetta! steuern dem tristen Herbst entgegen. Mit „Seeds“ schaffte das Sextett in der Heimat den Durchbruch, schaffte es in die nationalen Top 10 und wurde für einen JUNO-Award nominiert. Bevor sie im Jänner nach Deutschland kommen, erscheint nun ihr viertes Album „Second Sight“, das von Marcus Paquin (Arcade Fire, Stars, The National) produziert wurde und mit seinem Stilmix zwischen Indie, Folk und Pop dichte Nebelschwaden mit einem frechen Grinsen in die Schranken verweist.
Gut 56 stattliche Minuten fröhliche Feinschmecker-Finessen auf zwölf Songs finden sich zum vergnügten Aufgalopp ein, durch „Soft Offering (For The Oft Suffering)“ berührend vorbereitet. Unwiderstehlicher Pop, leicht versetzte Rhythmik und nicht minder euphorische Synthis erinnern an die mittlerweile abgeebbte Glam-Pop-Welle vor einigen Jahren. Tim Baker singt sich in einen wahren Rausch mit ausgesuchter Softness und mehrstimmiger Magie, reift endgültig vom Zauberlehrling zum Hexenmeister.
Über den Dingen steht es sich besonders gut, speziell wenn in Hits wie „Kintsukuroi“ (dt. „Goldreparatur“) fluffige Gitarren zusätzliche Akzente setzen, in schriller Hysterie über dem Arrangement thronen und es sich dort so richtig gemütlich machen, obligatorische Keychanges inklusive. Eine angenehme Ausnahme stellt das entfernt an Elbow und Embrace erinnernde „Embrace“ dar, ein schwer atmender Britpopper mit viel Gefühl, schneidenden Gitarren und einem anspruchsvollen Wechselspiel von Melancholie und Aufbruchsstimmung.
„Second Sight“ nimmt mit seinem Breitwand-Indie-Sound gefangen, vermengt die kanadische Schule mit britischem Weltschmerz und in südlichen Hemisphären angesiedeltem Synthi-Pop-Ballast für ein etwas zu langes, aber nicht minder großartiges Album, das gegen Ernüchterung, Depression und erste Schneeflocken erfolgreich ankämpft. Zwischen ausgelassener Feier, Realitätsschub und breitem Grinsen konsolidieren sich Hey Rosetta! auf einer weiteren starken Platte. Überraschung ist das keine, begeisternd aber wohl.
Second Sight
VÖ: 24.10.2014
Unter Schafen Records (AL!VE)
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