Robert Plant – lullaby and… The Ceaseless Roar
Der Kreis schließt sich und bleibt doch weit geöffnet: Nach dem mehrfach ausgezeichneten Duett-Album „Raising Sand“ mit Alison Krauss sowie dem weitestgehend folkigen, introvertierten „Band Of Joy“ geht Robert Plant zwei Schritte zurück, um derer drei vorwärts zu gelangen. Seine Band heißt nun The Sensational Space Shifters und besteht aus Musikern, mit denen Plant teils schon vor dieser Roots- und Americana-Episode zusammenarbeitete. Auch musikalisch orientiert sich „lullaby and… The Ceaseless Roar“ überwiegend (aber nicht ausschließlich) an den Werken vor dieser Zeit; gewisse Überraschungen inklusive.
„Kraftvoll, mutig, afrikanisch“ – Plant trifft bei der Beschreibung des Albums den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf. Gewöhnen muss man sich an diesen kleinen Schwenker in Richtung „Mighty ReArranger“ und, vor allem, „Dreamland“ aber dennoch, gerade weil die Verbindungen zur letzten Platte erst in der zweiten Albumhälfte platziert wurden. Stattdessen führt „Poor Maggie“ den Reigen der elf neuen Songs an, ein Sammelsurium aus treibenden, afrikanischen Rhythmen, forschen Keyboards – Plant spricht von einer Art Trance-Erlebnis – und der hellen, geradezu ätherisch wirkenden Stimme des britischen Veteranen. Immerhin: Dieser Exkurs übertrifft die Diskussionen über eine Led Zeppelin-Reunion um Welten(musik).
Besagte Bindeglieder heißen „Poor Howard“ und „House Of Love“. Sie ragen nicht nur deswegen hervor, weil ihnen mit „A Stolen Kiss“ und „Somebody There“ zwei enttäuschend flache Songs vorausgeschickt werden, die an Plants düsteren Spät-80er-Verschnitt erinnern. Für „Poor Howard“ ließ er sich gar von Blues-Legende Lead Belly inspirieren. Zwischen Folk und Delta Blues fühlt sich der Brite seit Jahrzehnten hörbar wohl, in diesem World Music-Upgrade erst recht. Rundherum wechseln sich brave Nettigkeiten (die okaye Single „Rainbow“) mit aufregenden Selbstzitaten (die erste Zeile des kraftvollen „Pocketful Of Golden“ stammt aus „Thank You“) und faszinierendem Eintauchen in experimentelle, beinahe progressiv-psychedelische Gefilde (das herausragende Schlussdoppel) ab.
Robert Plant wagt einen Schritt zurück und widmet sich einem Mischmasch, der zu gewissen Teilen seine Karriere zusammenfasst, sein Worldmusic-Faible – speziell das für afrikanische Klänge – in den Mittelpunkt rückt. Wenn sich der Brite in eine Art Trance begibt oder die Brücke zu seinen letzten beiden Platten schlägt, ist „lullaby and… The Ceaseless Roar“ am besten; ein leidenschaftliches, aufregendes, forderndes Stück Musik. Die Schwachstellen hingegen erinnern an die düsteren Epochen seiner Karriere. Viel Licht und ein wenig Schatten – an die Größe der letzten Werke knüpft Plant zwar nicht an, setzt dafür gewohnt faszinierende Akzente und kehrt zu jenem Standard, mit dem er einst dieses Jahrtausend begann, zurück.
lullaby and… The Ceaseless Roar
VÖ: 05.09.2014
Nonesuch Records (Warner Music)
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