Jenny Hval & Susanna – Meshes Of Voice
Zwei der feinsten Stimmen Norwegens wagen sich gemeinsam auf avantgardistische Pfade. Susanna, Gründerin des Duos Susanna And The Magical Orchestra, arbeitete mit so unterschiedlichen Künstlern wie John Paul Jones (Led Zeppelin), Bonnie „Prince“ Billy und Jeremy Gara (Arcade Fire) zusammen; ihre Songs waren unter anderem in „Grey’s Anatomy“ zu hören. Jenny Hval hingegen versteht sich auf experimentelle Popmusik, sie ist unter anderem auch als Künstlerin und Schriftstellerin tätig. Gemeinsam weben sie nun Netze von Stimmen, „Meshes Of Voice“.
Avantgardistische Experimente zwischen Klassik, Post Rock und verschiedensten Pop-Schattierungen setzen die beiden außergewöhnlichen Stimmen 52 Minuten lang unter Strom. Fragmente treffen auf ausladende Prog-Weisheiten, Björk-Huldigungen auf Kammermusik und Arien. Irgendwo dazwischen, um eines von vielen Beispielen herauszugreifen: „Milk Pleasures“. Kaum instrumentiert, wagen sich die Damen an höchste Soprano-Register, versuchen sich zwischenzeitlich an Sprechgesang und werden von einer Echokammer begleitet – eine bizarre Klangmelange, ein Vorgeschmack auf das, was noch folgen wird.
Was im Anschluss folgt, ist einer der größten Tracks dieses Albums. „I Have Walked This Body“ wird zum Point of No Return – hat man diese Hürde genommen, wird auch der Rest des Albums begeistern. Die Norwegerinnen singen fordernd mit charmantem Akzent, kreischen zwischenzeitlich regelrecht, während sie von Doom-Drone begleitet werden. Sunn O))) treffen auf Sigur Rós für ein schwer greifbares Happening, für einen der speziellsten und doch bewegendsten Tracks des Jahres. Rundherum: softes Slowfood mit dezentem Klassik-Pop-Appeal („Medusa“), Noise-Düsternis („I Have A Darkness“ – nomen est omen) und unverkennbarer, stimmlicher Magie („Dawn“).
„Meshes Of Voice“ ist keine jener Platten, die man ‚einfach so‘ hinnimmt, nebenbei hört und verdaut. Im Gegenteil: Um sich die Musik der beiden charmanten Norwegerinnen zu erschließen, benötigt es Zeit, Geduld, Sitzfleisch und weit offene Ohren. Jenny Hval und Susanna beweisen, dass Stimmakrobatik und Anspruch auch ohne Kitsch und Krampf funktionieren können. Klassik, Pop, Drone, Avantgarde – selten hat es sich so sehr gelohnt, ein Album auf sich wirken zu lassen.
Meshes Of Voice
VÖ: 15.08.2014
SusannaSonata (Cargo Records)