Ray Charles – King Of Cool

Ray Charles

Was kann man über Ray Charles sagen, das bislang noch nicht gesagt wurde? Vermutlich nichts, und somit ist es viel besser, die Musik für sich sprechen lassen. Dass der 2004 verstorbene, unheimlich vielseitige Musiker ein beängstigend großes Repertoire hat, muss man der Film-Generation „Ray“ wohl extra erklären. Ray Charles, das ist wesentlich mehr als bloß „Hit The Road Jack“ und „Georgia On My Mind“, das ist Pionierarbeit auf den Gebieten Soul, Blues, Jazz und sogar Pop. Die 3CD-Compilation „King Of Cool – The Genius Of Ray Charles“ präsentiert das Beste der ersten Dekade seiner illustren Karriere in Form von Atlantic-, ABC- und Tangerine-Aufnahmen.

Es sind vor allem die 50er Jahren, die auf diesem Boxset vertreten sind, die den Aufstieg Ray Charles‘ dokumentieren. Eröffnet wird dieser Karriere-Streifzug von der allerersten Solosingle, dem 1953 veröffentlichen „Mess Around“. Dieser klassische R’n’B-Track mit Boogie Woogie-Anleihen und Publikumsanfeuerung soll Laune machen und wirkt im Vergleich zu dem, was noch kommen soll, beinahe unschuldig. Direkt danach folgt „I’ve Got A Woman“ – ein Soul-Klassiker, den Kanye West vor einigen Jahren in „Gold Digger“ verwurstete und trotz dieses Sperrfeuers kaum zeitloser klingen könnte. Das kleine aber feine Trompeten-Solo in der Mitte des Songs macht ihn so richtig groß.

„Leave My Woman Alone“ stellt erstmals The Raelettes vor, die junge, rein weibliche Background-Truppe, die Ray Charles über 20 Jahre unterstützen sollte. Die musikalische Vielseitigkeit des Sonnenbrillenträgers ist zu diesem Zeitpunkt bereits bestens dokumentiert. Zwischen dem schweren, bluesigen „I Wonder Who“, dem Jazzer „Doodlin'“ und dem unwahrscheinlich smoothen „Greenbacks“ liegen oberflächlich Welten, tatsächlich fließt das Material aber geradezu magisch ineinander. Selbst das anspruchsvolle Jazz-Monster „Bag’s Guitar Blues“ mit Milt Jackson, eines der absoluten Highlights dieser Zusammenstellung, wirkt nicht fehl am Platz, sondern fließt ungemein sauber, wirkt wie die logische Konsequenz aus all dem, was man bislang gehört hat.

Natürlich könnte man nun ewig Highlight über Highlight aufzählen, und letztlich ist genau dieser Vorgang legitim, weil es so viele davon gibt. Allen voran „What’d I Say“, einer der größten Songs Ray Charles, der hier in einer zusammengefassten Version des Zweiteilers sowie einer noch leidenschaftlicheren Liveversion vorliegt. Live ist ein gutes Stichwort, denn die Darbietung des bereits erwähnten „I’ve Got A Woman“ aus dem Jahr 1958, für die sich Charles in den vielbeschriebenen Rausch spielt, raubt einem beinahe den Atem. „Unchain My Heart“ ist dabei, noch bevor sich Joe Cocker daran vergreifen konnte, das großartige „Alexander’s Ragtime Band“ und natürlich auch die eingangs erwähnten Klassiker „Hit The Road Jack“ und „Georgia On My Mind“.

Komplettisten werden vor allem aufgrund der drei bislang unveröffentlichen Songs zugreifen. „Sinner’s Prayer“, das aus einer Probe-Session mit dem legendären Atlantic-Chef Ahmet Ertegun stammt, ist ein beseelter Piano-Track, der so klingt, wie man sich das von einer Probe-Aufnahme erwartet. Der erste Take von „Tell Me How Do You Feel“ schimmert mit seiner Hammond-Orgel. Gerade der Einsatz der Backings mutet ungewohnt roh an. Letztlich eröffnet die alternative Version von „Let The Good Times Roll“ mit ein wenig Dialog vom Meister selbst, der Vorschläge zur Umarrangierung macht und ein wenig mit diesem Song herumspielt, experimentiert.

Vor allem aber ist „King Of Cool – The Genius Of Ray Charles“ die perfekte Zusammenstellung für all diejenigen, die immer schon mehr über das musikalische Universalgenie lernen wollten. Die Dreifach-CD reicht von den Anfängen der Karriere des 2004 verstorbenen Musikers bis zum großen Höhepunkt in den frühen 60er Jahren, als es wiederholt an die Spitze der Pop-Charts ging. Besonders erfreulich ist, dass jede musikalische Phase und jeder kreativer Schwenk des Maestro dokumentiert wird, gerade auch die etwas sperrigeren und doch so lohnenswerten Jazz-Exkurse. Mit dieser Compilation kann man nichts falsch machen.

Ray Charles - King Of Cool

King Of Cool
VÖ: 06.06.2014
Rhino (Warner Music)

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