July Talk – Paper Girl EP
Hier kommt eine Band, die in den nächsten Monaten Europa im Sturm erobern könnte. In ihrer kanadischen Heimat haben sich July Talk bereits einen Namen gemacht. Für ihr eponymes Debütalbum, das demnächst auch in Deutschland erscheinen wird, gab es sogar eine Juno-Nominierung (kanadische Grammies) als Newcomer des Jahres 2013. Mit der digitalen EP „Paper Girl“ stellt das sehr eigentümliche Quintett sich und seine beiden Trümpfe vor: das überaus unkonventionelle Gesangsduo Leah Fay und Peter Dreimanis.
Der eröffnende Titeltrack sorgt für hochgezogene Augenbrauen. Ist das etwa Tom Waits? Hat jemand Arnim Teutoburg-Weiß mit dem Krümelmonster gekreuzt? Dreimanis‘ tiefer, grummelnder Gesang packt nicht nur einen gewissen Soul-Punch mit sich, er könnte tiefer und bissiger kaum sein. Leah Fay hingegen ist die feingeistige, liebreizende Elfe, die über dem Arrangement schwebt und dem bluesigen Black Keys-Stampfer einen feenhaften Pop-Anstrich verleiht. Eigentlich dürften die beiden Stimmen nicht zusammenpassen, und doch tun sie es – ein Refrain für die Ewigkeit.
An die Qualität des Openers kommt der Rest des Materials zwar nicht heran, man beschwert sich aber freilich auf astronomischem Niveau. „Summer Dress“ beginnt als verschwitzter, dreckiger Grinderman-Rocker mit einem Überschuss Testosteron und herrlichen Rock’n’Roll-Standards. Selbst Fay passt sich mit ihrem Sprechgesang der Grundstimmung an. Zu „The Garden“ mit seinem Aerosmith-Shuffle zieht man am besten gleich die Tanzschuhe an. Die ausladende, überschwängliche Gitarrenarbeit sucht ihresgleichen. „Someone“ wirkt hingegen rotzig, geradezu punkig, hätte auch durchaus auf Brody Dalles Soloalbum prima funktioniert – ein kauziger Rausschmeißer mit dezenter Garbage-Note.
Es ist nicht nur die außerordentliche Vokal-Dynamik, mit der die „Paper Girl EP“ zu begeistern weiß, es sind vor allem grandioses Songwriting, Arrangements auf den Punkt und ein Stilmix zwischen klassisch-bluesigen Untiefen und dezent poppigem Charme, mit dem July Talk eine Nische gefunden haben, von deren Existenz man zuvor nicht wusste. Die vier Songs – der überlebensgroße Titeltrack und die drei exzellenten B-Seiten – werden auch auf dem eponymen Debütalbum enthalten sein, das nicht früh genug erscheinen kann.
Paper Girl EP
VÖ: 30.05.2014 (DL-Single)
Sleepless Records (Universal Music)
July Talk @ Home | @ Facebook
„Paper Girl EP“ @ Amazon kaufen