Spidergawd – Spidergawd

Spidergawd

Nur wenige Monate nach der Veröffentlichung des 17. (!) regulären Studioalbums von Motorpsycho gibt es bereits neues Material aus dem Camp der Norweger, genauer gesagt von Bent Sæther und Kenneth Kapstad, die hier die Rhythmusabteilung bilden und ursprünglich dem Frontmann der mittlerweile implodierten Cadillac, Per Borten, die Möglichkeit geben wollten, Songs seiner alten Band zu spielen. Daraus wurde nun Spidergawd, erweitert um Rolf Martin Snustad (Hopalong Knut, Samvirkelaget), die sich in ihrer nordischen Heimat bereits einen Namen gemacht haben und ihr eponymes Debütalbum exklusiv auf Vinyl (plus beigelegter CD) veröffentlichen.

Während Motorpsycho sich in den letzten Jahren vermehrt progressiven, psychedelsich-folkigen Klängen widmeten, rocken Spidergawd befreit und kompromisslos von der Leber weg. „Into Tomorrow“ eröffnet den Reigen mit einer dreckigen Gitarre, klassischem Rock’n’Roll-Shuffle und der eindrucksvollen gesanglichen Präsenz Bortens, der Ralf Gyllenhammar wie einen Schuljungen klingen lässt. Snustads Bariton-Saxophon verleiht dem bissigen Opener einen gewissen ZZ Top-Groove, wie man ihn unter anderem auch im bluesigen, verschwitzten „Million $ Sommersault“ vorfindet; vom exklusiven CD-Bonus-Track „Hard Time Killing Floor Blues“ (im Original von Skip James) ganz zu schweigen.

Dass sich der proggige Motorpsycho-Freigeist nicht ganz abschütteln lässt, zeigt hingegen das Herzstück dieser Platte, „Empty Rooms“. Mit über 14 Minuten Spielzeit hat sich dieser Track das leichtfertig verwendete Schlüsselwort ‚Epos‘ wahrlich verdient. Der Saxophon-Einstieg klingt nach forderndem Freejazz, speziell wenn der Bass einsetzt. Es dauert vier Minuten, bevor der Track anrollt und Bortens Gesang abermals in bluesige, geradezu schwülstige Gefilde entführt. In der Zwischenzeit spielt sich die Rhythmusabteilung in einen wahren Rausch, unterlegt die bratende, bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Gitarre mit wuchtigen Drumrolls und Bassgewitter. Zum Schluss finden Spidergawd abermals zu proggig-jazzigen Loops zurück und beenden diese Tour de Force in einem Jam-Rausch.

Natürlich lässt sich „Spidergawd“ schwer mit „Behind The Sun“, der aktuellen Platte von Sæthers und Kapstads Hauptband vergleichen; und doch bleibt das jüngere Projekt Punktsieger – wohl weil man diesen erfrischenden Frei-von-der-Leber-weg-Rock von Motorpsycho seit Jahren nicht mehr gehört hat und wohl auch nicht hören wird. Das Songmaterial lässt keine Wünsche offen und schafft es tatsächlich, den Bogen von Boogie-Rock über Blues-Schwulst hin zu Freejazz und Prog zu spannen. Unter den vielen Nebenschauplätzen der norwegischen Institution zählt Spidergawd sicherlich zu den interessantesten.

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Spidergawd
VÖ: 25.04.2014
Crispin Glover Records / Stickman Records (Soulfood Music)

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