Eno • Hyde – Someday World
Brian Eno hatte eine Vielzahl an urban inspirierten Songanfängen vorliegen, begonnene Ideen, nicht fertig gedacht, irgendwo stecken geblieben. Unterstützt wurde der Klangschmied von Underworld-Stimme Karl Hyde – die beiden kennen sich bereits durch den gemeinsamen Track „Beebop Hurry“ – der sich nach eigenen Angaben sofort wie Zuhause fühlte und am liebesten gleich eine Gitarre umschnallen wollte. Unterstützt von prominenten Gästen wie Coldplay-Schlagzeuger Will Champion und Enos ehemaligem Roxy Music-Mitstreiter Andy Mackay, entstand die Coop-Platte „Someday World“.
Man tut gut daran, das Unerwartete zu erwarten, gerade als Underworld-Fan, der sich von Hydes Solo-Platte „Edgeland“ bereits ein wenig verwirren ließ. Zu den für beide Parteien überraschenden Gemeinsamkeiten zählt eine gewisse Vorliebe zu Afrobeat, die sich in Songs wie „A Man Wakes Up“ äußert. Der hibbelige Fela Kuti-Unterbau mit charmantem Lo-Fi-Esprit wird von Hydes losgelösten Vocals und einem Chor auf eine geradezu spirituelle Ebene gehoben. Es ist dies eine Erhabenheit, wie man sie in dieser Form am ehesten noch im an späte New Order erinnernden „Witness“ vorfindet.
Die Kunst von „Someday World“ ist seine breite Aufstellung und Klangexperimente, die man nicht auf dem Zettel gehabt hat. So erzeugen die düsteren, leicht abgehackten Soundscapes von „Mother Of A Dog“ Unbehagen, die sehr reduzierte Keyboard-Melodie von „The Satellites“ erinnert an Gehversuche im eigenen Musikzimmer und „When I Built This World“ übt mit Vocoder-Effekten, dramatischen Streichern und unruhigem Bass-Geblubber den post-romantischen Aufstand.
Jeder der neun Tracks hat einen ganz besonderen Reiz, sie alle unterscheiden sich betont von einander, lassen immer wieder neue Facetten der beiden Musiker zum Vorschein treten – vom beklemmenden Wave-Pop/Rock eines „Strip It Down“ zum semi-balladesken, versöhnlichen Rausschmeißer „To Us All“. In „Someday World“ sinniert Brian Eno über Städte und Gebäude, die in bestehende topographische Muster gebaut wurden. Sie haben eigenwillige, gerade deswegen faszinierende Strukturen – Strukturen, mit denen er auf dieser Platte arbeitet. Monolithen, die Karl Hyde zu Ende denkt und mit ebenso unorthodoxen Gesangslinien versieht.
Someday World
VÖ: 02.05.2014
Warp Records (Rough Trade Distrbution)