Bombay Bicycle Club – So Long, See You Tomorrow
Es gab sie tatsächlich, die erste Minipause im Schaffen des Bombay Bicycle Club. Nachdem die Mittzwanziger zuvor drei Alben innerhalb von 25 Monaten veröffentlicht hatten, wurde durchgeatmet und Anlauf genommen. Die jungen Briten fangen quasi von vorne an und präsentieren ein Konzeptalbum, für das man eineinhalb Jahre und neue Ideen investierte. Keyboards, Loops und Synthetik sind ein fixer Bestandteil von „So Long, See You Tomorrow“, mit dem sich Jack Steadman und Konsorten von Indie, Akustik und Folk ein wenig distanzieren.
„Carry Me“ macht vor, wo das Quartett 2014 anzusiedeln ist. Dance-Punk-Rhythmik mit Math-Flair trifft auf Steadmans ätherische Vocals und feinsinnige Synthis, unterbrochen von Backings und einem ellenlangen Hot Chip-Part, während im Refrain Mantra-artig der Songtitel wiederholt wird. Kategorisieren lässt sich das nur schwer, Spaß macht es dafür erst recht. In eine ähnliche Kerbe schlägt „Feel“ mit seinen Streichern aus der Dose, getragen von karibischem Drum’n’Bass-Flair (klingt komisch, funktioniert aber) sowie einer bis zur Unkenntlichkeit entfremdeten Gitarren.
Während die einen noch Lambada tanzen, verlieren sich die nächsten bereits im schier endlosen „Whenever Wherever“, das den Bogen von 2Step über Gitarren- und Dream-Pop zur hektischen Indie-Hymne spannt und schließlich in sich zusammensackt. Im Loop-Meer von „It’s Alright Now“ scheinen abermals glockenhelle, ungewohnt reine Vocals durch, die entfernt an Jónsi erinnern, während auf instrumentaler Ebene einmal mehr gezeigt wird, wie Bombay Bicycle Club ihren Gitarren-Pop gegenwärtig denken – von zahlreichen Synthi- und Melodielinien gen Küste getragen.
„So Long, See You Tomorrow“ ist ein Album, das gleichermaßen zum Tanzen und zum Träumen einlädt – und kein Song fasst dies besser zusammen als der abschließende Titeltrack. Hibbelig und losgelöst auf der einen Seite, introvertiert und mit beinahe synthi-folkiger Note auf der anderen Seite. Der Bombay Bicycle Club lässt nur mehr eine gewisse Schizophrenie durchscheinen, einen von der eigenen Experimentierfreundigkeit vorangetriebenen Spagat, der 80s-Synthie-Pop in die Gegenwart treibt und den Disclosures dieser Welt zeigt, wie es sich zu tanzen geziemt, nur um im nächsten Moment in Schwermut und Nachdenklichkeit zu verfallen. „So Long, See You Tomorrow“ ist sicherlich ein Album, das langen Atem verlangt und erst wachsen muss, doch es lohnt sich, ein wenig Zeit zu investieren in diesen grundsympathischen Grower.
So Long, See You Tomorrow
VÖ: 07.02.2014
Caroline International (Universal Music)
Bombay Bicycle Club @ Home | @ Facebook
„So Long, See You Tomorrow“ @ Amazon kaufen