Bombay Bicycle Club – Carry Me
Obwohl sich Bombay Bicycle Club erstmals in ihrer Karriere Zeit gelassen haben, muss man den Arbeitseifer der vier jungen Briten extra hervorheben. Innerhalb von 25 Monaten veröffentlichten sie ihre ersten drei Alben, seit August 2011 hielt man sich jedoch ein wenig zurück – die erste ‚Pause‘ der Bandgeschichte, wenn man denn so will, und das bei Mittzwanzigern. Am 7. Februar erscheint „So Long, See You Tomorrow“, eine Art Konzeptplatte, für dessen Aufnahmen man eineinhalb Jahre investierte, um letztlich zu überraschen. Von synthetischen Klängen, Loops, Keyboards und unorthodoxen Rhythmen ist die Rede. Dass Jack Steadman und Konsorten allerdings nichts an Klasse eingebüßt haben, zeigt das vorab erhältliche „Carry Me“.
Mittlerweile scheinen sich die Londoner Math- und Dance-Punk-Bands deutlich näher zu fühlen, ohne jedoch zu sehr über die Stränge zu schlagen oder die rockigen Wurzeln gar komplett hinter sich zu lassen. Dennoch lassen sich eben jene eingangs angedrohten Phänomene beobachten. Die Drums wirken leicht neben die Spur, wechseln in Lautstärke und Intensität, werden stellenweise gänzlich durch Keyboards ersetzt, während sich Jack Steadmans weicher, eindringlicher Gesang durch ein regelrechtes Stimmengewirr kämpfen muss. Die Herausforderung ist groß, den Sänger als solchen wahrzunehmen, speziell wenn zwischendurch ein ellenlanger, instrumentaler Hot Chip-Abschnitt eingefügt wird. Und doch schält sich gerade dann, wenn man es am wenigsten erwartet, eine Art Refrain aus dem Dickicht heraus, scheinbar endlos geloopt, nur kurz von einer Echoschleifen-Middle-8 unterbrochen.
Was ist eigentlich interessanter – der Anti-Refrain, knapp zwei Minuten Vocal-Schleifen, der unorthodoxe Rhythmus, die schwer greifbare Songstruktur oder das gnadenlos tanzbare Break? Als ob das noch nicht genug wäre, packen Bombay Bicycle Club ein von Stop-Motion-Pionier Eadweard Muybridge inspiriertes Projektionsvideo aus, das auch in interaktiver Form ‚abspielbar‘ ist. „Carry Me“ kehrt dem bisherigen Schaffen zumindest teilweise den Rücken. Tanzbar waren die jungen Londoner immer schon, so Keyboard- und Rhythmus-lastig kennt man den Bombay Bicycle Club jedoch nicht. Entsprechend dauert es ein wenig, bis man sich in diesen ungewöhnlichen Song hineingefunden hat. Wie so oft ist der Weg das Ziel, das Ergebnis unterhaltsam. Das dazugehörige Album könnte spannend werden.
Carry Me
VÖ: 13.12.2013 (DL-Single)
Universal Island Records
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