Haim – Days Are Gone
Als Sieger des prestigeträchtigen „BBC Sound of 2013“-Polls hat man gewisse Erwartungen an Haim, auch wenn der direkte Vorgänger Michael Kiwanuka zumindest in Deutschland nie so richtig landen konnte. Die drei Haim-Schwestern Danielle, Alana und Este wollen dem bislang bestenfalls mittelmäßig abschneidenden Jahrgang nun doch noch Feuer unterm Hintern machen. Mit sympathischem Westcoast-Pop, ein wenig Rock, Fleetwood Mac-Charme und kauziger Experimentierfreudigkeit versucht das Debütalbum „Days Are Gone“ eine Punktlandung.
Die elf Songs sind über mehrere Monate entstanden und markieren eine gewisse musikalische Entwicklung im Schaffen der drei Schwestern. Jene Nummern, die jüngeren Datums sind, wirken insgesamt eine Spur experimenteller. „Honey & I“ entpuppt sich als warmer, semi-akustischer Popsong mit mächtiger Basspräsenz und relativ wenig drumherum. Einzig im Refrain wird es mal ein wenig lauter, man fühlt sich an entkauzte MGMT erinnert. „My Song 5“ eröffnet überrascht melancholisch, spielt mit übermäßig lauten Drumloops, verschrobenen Synthis und rockigem Anti-Dub. Dass Haim ihr Händchen für eingängige Westcoast-Popper mit folkigem Rock-Flair nicht verloren haben, zeigt das abschließende „Running If You Call My Name“, ein sehnsüchtiger Song mit markanter Hookline, den man durchaus auskoppeln könnten.
Große Hits gibt es sowieso zur Genüge. Angeführt von „Don’t Save Me“, einem verspielten Liedchen mit mächtigem Beat, schwammigen Wave-Gitarren und gekonntem Aufbau gen Anti-Pop-Refrain, packen Haim einen Brecher nach dem anderen aus. „Falling“ bringt die semi-sonnige Komibnation aus LA-Vibes, 70s-Rock, Fleetwood Mac-Charme und einer Prise Elektronik auf den Punkt, vom überspitzten „Days Are Gone“ logisch weiterentwickelt und schließlich in „The Wire“ gipfelnd. Die aktuelle Single klingt anfangs so gar nicht nach den drei Schwestern aus dem Staaten, weil man sich angesichts verkapptem Country-Pop-Vibe unangenehm an Shania Twain oder gar Taylor Swift erinnert führt. Der Teufel liegt allerdings im Detail, und eine schneidende Synthi später erkennt man, dass dieser Track eigentlich so etwas wie die Antithese zu den genannten Chanteusen ist.
„The Wire“ ist einer der wenigen Momente, in denen diese Platte Anlaufschwierigkeiten offenbart. Selbst die bereits erwähnten, etwas kauzigen Ausflüge in beateskes Electro-Territorium gelingen den drei Haim-Schwestern prima, auch wenn das geneigte Pop-Ohr daran verzweifeln könnte. „Days Are Gone“ spricht Zeitreisende, Radiofreunde und experimentelle Feinschmecker an, ohne Kompromisse einzugehen oder sich anzubiedern. Für diesen seltenen Spagat muss man diesen drei sympathischen jungen Damen gratulieren.
Days Are Gone
VÖ: 27.09.2013
Vertigo Berlin (Universal Music)
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