Interview mit Loona

Loona

Sie ist die ungekrönte Königin der Sommerhits und der guten Laune: Marie-José van der Kolk, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Loona, dominiert seit ihrem Smash-Hit „Bailando“ im Jahre 1998 die Sparte der locker-leichten Partymusik. In einem ausführlichen Interview mit beatblogger.de spricht die sympathische Holländerin offen über ihre Karriereanfänge, wechselnden Erfolg und verrät einige Geheimnisse des oftmals harten Musikbusiness.

Du feierst dieses Jahr dein 15-jähriges Bühnenjubiläum mit Loona, tummelst dich aber schon seit 1995 in den Charts, damals noch mit DJ Sammy und unter deinem zweiten Künstlernamen Carisma. Wie würdest du diese Zeit musikalisch und emotional beschreiben?

Es war schon eine tolle Zeit damals. Sammy und ich waren noch sehr neu in der Musikbranche, sind die Dinge mit sehr viel Spaß angegangen und haben wirklich an unsere Träume geglaubt. Als ich im Joy Palace auf Mallorca die ersten Male gesungen hatte, kamen die Leute auf mich zu und sagten: „Du musst eine Platte machen!“ Die habe ich dann erstmal verdutzt angeguckt und abgewunken, denn an so etwas hätte ich im Traum nicht gedacht. Aber irgendwann ließ ich mich überzeugen und so setzten wir uns mit der Zeit auch immer neue Ziele. Als ich meine erste eigene Single „Life Is Just A Game“ in den Händen hielt, war ich furchtbar stolz, obwohl sie gar nicht in die Charts eingestiegen ist. In den folgenden Jahren konnten wir uns jedoch immer ein bisschen mehr erobern: Mit der Folgesingle „You’re My Angel“ waren wir ganz nah an den Top 100 dran, und dann kam „Prince Of Love“ raus und wir knackten plötzlich die Top 30. Unser Bekanntheitsgrad steigerte sich und natürlich sind wir dann hungrig geworden und dachten uns, dass da doch noch mehr drin sein muss. 1998 schlug uns die Plattenfirma vor, einmal einen spanischen Song auszuprobieren, und im gleichen Zug musste auch ein vernünftiger spanischer Bandname her. Nach einigen Assoziationen (Sonne, Strand Meer, Mond), die wir uns übrigens am Düsseldorfer Flughafen ausgedacht haben, kamen wir schließlich auf Loona. Die Zeit zwischen 1995 und 1998 war für uns eine riesige Entwicklung, die ich in der Form heutzutage natürlich nicht mehr erlebe. Damals war es einfach etwas idyllischer, was das Aufnehmen von Songs oder schlichtweg das Aufstellen neuer Marketingkonzepte angeht.

Gerade hast du schon "Bailando" angesprochen, deinen ersten Loona-Song und der erste große Erfolg im Jahre 1998, der dich quasi über Nacht berühmt gemacht hat. Wie bist du mit dem plötzlichen Ruhm umgegangen?

Man wird als Künstler da ganz gut abgeschirmt. Zwar habe ich den ganzen Rummel schon miterlebt, aber den wahren Wert als Nr. 1-Hit nicht wirklich wahrgenommen. Man darf ja auch nicht vergessen, dass sämtliche Leute wie Plattenbosse und Manager zu der Zeit ganz gut an mir verdient haben. Du selbst als Künstler entscheidest zum Beispiel über dein eigenes Outfit, der Rest wurde aber für dich von anderen erledigt. 1998 war ich in der Sendung „Menschen, Bilder, Emotionen“ bei Günther Jauch zu Gast und hatte mit „Bailando“ und „Hijo De La Luna“ gleich zwei Auftritte. Da denkt man sich natürlich schon, dass man jetzt voll im Business angekommen ist und schwebt sozusagen in anderen Sphären. Plötzlich wird man auf der Straße erkannt, die Leute hören deinen Song im Auto und feiern dazu. Nach so vielen Jahren begreift man erst richtig, wie wertvoll diese Zeit war, auch im Bewusstsein, dass mir so etwas wohl nie wieder passieren wird. Damals, also zu den Anfängen, hat mich noch kaum jemand gekannt und alles war neu und aufregend, heute allerdings bin ich ein alter Hase und freue mich auch über kleinere Erfolge, obwohl ich gerne noch einmal die Top 10 knacken würde. (lacht)

Mit "Hijo De La Luna" als zweiter Single hast du eindrucksvoll bewiesen, dass du mehr drauf hast als ein reiner "Sommerhit-Act". Auch dein erstes Album "Lunita" ist durchaus abwechslungsreich. Wie groß war der Erwartungsdruck von außen als auch von dir selbst, nach "Bailando" nicht gleich wieder in der Versenkung zu verschwinden?

Ich kann mich erinnern, dass der Druck eher bei Sammy lag. Er hat sich im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf zerbrochen und auch mit der Plattenfirma diskutiert, die unbedingt einen neuen Sommerhit haben wollte. Da es aber auf den Winter zuging, wollte er partout keinen machen und lieber eine Ballade aufnehmen. Diese Entscheidung stieß bei denen wiederum auf vollkommenes Kopfschütteln, so nach dem Motto „Wie soll dieses blonde Tanzmariechen denn bitte eine Ballade gestemmt kriegen?“ Ich wollte mich dieser Aufgabe jedenfalls stellen, fand die Umsetzung bei den Aufnahmen in Köln aber auch ein bisschen schwierig, da ich zuvor noch keine langsamen und ruhigeren Lieder gesungen hatte. Trotzdem habe ich mich irgendwann arrangiert und fand es durchaus spannend, weil du als Künstlerin auch ein Stück weit funktionieren und bestimmte Dinge, die dir vor die Füße geworfen werden, einfach machen musst. Ich packe daher gerne neue Sachen an und schaue, was daraus wird, als gleich alles abzulehnen. Ob es letztendlich gut ankommt, darüber habe ich mir früher kaum Gedanken gemacht und es schlicht geschehen lassen. Allerdings hat es ziemlich lange gedauert, bis wir endlich unser erstes Album fertig hatten. Wir haben angesichts der Erfolge mit „Bailando“ und „Hijo De La Luna“ einfach viel zu viel Zeit verstreichen lassen, sodass uns sogar schon die Plattenfirma auf den Füßen stand und händeringend auf das Album wartete. Im Januar und Februar 1999 haben wir schließlich hart gearbeitet und es dann doch noch hinbekommen. „Lunita“ ist rückblickend ein sehr persönliches und emotionales Album, da wir unheimlich viel Herzblut reingesteckt haben. Der Song „Porque?“ zum Beispiel ist unserem guten Freund und Mentor Tony, dem damaligen Besitzer des Joy Palace, der leider im Frühjahr 1999 gestorben ist, gewidmet.

In den folgenden Jahren konntest du mit "Mamboleo", einem Cover von Herbert Grönemeyers Hit "Mambo", sowie "Latino Lover" und "Rhythm Of The Night" weitere Erfolge landen. Woher bekommen du und dein Team die Ideen sowohl für eigene als auch für Coversongs?

Es ist tatsächlich so, dass es sogenannte A&R-Manager (Artist & Repertoire, Anm. d. Red.) gibt, die natürlich auch keine Glaskugel, aber ein Gespür für neue Trends haben und gut einschätzen können, woraus man einen guten Sommerhit machen kann. Ein solcher Manager von Universal hat uns damals auch den Tipp gegeben, „Bailando“ aufzunehmen. Ein Jahr später kam er mit Grönemeyer an und das war wieder ein absoluter Glücksgriff. Die reine Aufnahmezeit für diese Songs im Studio hat eine knappe Stunde gedauert, es war wirklich ein äußerst entspanntes Arbeitsumfeld.

Besonders die Grönemeyer-Geschichte muss doch im ersten Moment ziemlich befremdlich auf dich gewirkt haben.

Schon, aber wir haben daraus wirklich eine tolle Produktion mit einprägsamer Hintergrundmelodie gemacht, sodass wir uns vom Original relativ weit abgegrenzt haben. Mittlerweile gibt es bei uns intern den Ausdruck, dass ich die Songs „verloona“ und ihnen etwas Eigenes von mir mitgebe. Die Idee zu „Latino Lover“ kam allerdings von mir, da das Original von der Band Luv‘ aus meiner Heimat Holland stammt, welches ich sehr gerne gehört habe.

2004 musstest du einige schwere Schicksalsschläge verkraften und hast dich nach einer musikalischen Pause mit einem Cover von "Tears In Heaven" zurückgemeldet, wofür dir Eric Clapton höchstpersönlich sein Okay gegeben hat. Wie wichtig war es dir, mit der Single und dem Balladen-Album "Wind Of Time" sowohl andere Facetten zu zeigen als auch Persönliches zu verarbeiten?

Leider ist „Wind Of Time“ damals regulär als CD gar nicht erschienen, da zu der Zeit der physische Musikmarkt aufgrund zunehmender illegaler Downloads bereits in einer großen Krise steckte. Die Plattenfirma war von der Qualität des Albums zwar überzeugt, wollte aber vorher unbedingt noch einen Hit rausbringen. Darauf wollte sich Sammy allerdings nicht einlassen und so haben wir es letztendlich eingestampft, wobei es mittlerweile zumindest über iTunes erhältlich ist. Trotzdem war der Entstehungsprozess wirklich sehr schön, weil ich meine wahren Gefühle rüberbringen konnte. Ich war zu der Zeit schwanger und hatte ein Jahr zuvor meine Mutter verloren, deswegen konnte ich nicht wie sonst mit meinen Sommerhits auftreten und Stimmung machen, sondern ich musste ein bisschen zur Ruhe kommen. Mir war und ist es immer besonders wichtig, meine Fans nicht zu veräppeln und ihnen etwas vorzuspielen. Natürlich stehe ich auch lieber mit fröhlichen Songs auf der Bühne und versuche die Leichtigkeit des Lebens zu transportieren, nur in diesem Moment ging es einfach nicht. Daher fand ich es sehr schön, mich mit einem Balladen-Album musikalisch auszudrücken. Ich habe aus dieser Zeit sehr viel gelernt, auch wenn die Leute diese neue, ruhigere Seite von mir nicht hundertprozentig angenommen haben. Mittlerweile hatte ich mich ja mit meinen Sommerhits durchaus in einer gewissen Art und Weise manifestiert, da war es klar, dass die Fans eine andere Form von Musik bevorzugen. Daher habe ich beschlossen, mit solchen Ausflügen vorsichtig zu sein und sie zu dosieren, auch wenn ich für dieses Jahr noch eine neue Ballade plane.

Nach der Geburt deiner Tochter 2005 hast du deine Karriere ein wenig zurückgefahren, Singles wie "Oye El Boom" waren die große Ausnahme. Wie hat dich diese Zeit, auch im Hinblick auf die spätere Trennung von Sammy, verändert?

Es gab innerhalb dieser wenigen Jahre so viele neue Eindrücke und Emotionen, die auf mich eingeprasselt sind, die ich erst einmal einordnen und auch verarbeiten musste. Irgendwann habe ich die Dinge so akzeptiert, wie sie passiert sind, allerdings hatte ich vor allem anfangs sehr mit der Situation der Trennung zu kämpfen. Als ich 2005 noch mit schwangerem Bauch auf der Bühne stand und „Tears In Heaven“ gesungen habe, wurde ich von den Leuten gefragt, weshalb ich denn so traurige Lieder singen würde. Das war jedoch noch die Trauerarbeit aufgrund des Todes meiner Mutter. Dann kam die Geburt meiner kleinen Saphira und plötzlich ging der Knopf sozusagen wieder auf, sodass ich bereit war, mit „Oye El Boom“ wieder in den Sommerhit-Bereich zu gehen. Angesichts dessen war der Song okay, aber wir hatten noch nicht das richtige Gefühl zurückerlangt. 2006 und 2007 hätte ich gerne auch wieder mehr Musik gemacht, allerdings gab es währenddessen Differenzen zwischen der Plattenfirma, Sammy und mir, die letztendlich sowohl die berufliche als auch die private Trennung nach sich zog. Das war mit Sicherheit eines der härtesten Erlebnisse, da wir von Anfang an wie Seelenverwandte waren und wir uns gemeinsam ja auch unseren Traum erfüllt hatten. Aber ich fühlte mich musikalisch immer mehr in die Ecke gedrängt und habe deswegen beschlossen, ab sofort mein eigenes Ding zu machen.

Der Neustart kam schließlich 2008, als du einen Vertrag Sony BMG/Ariola unterschrieben hast, um das Projekt Loona alleine weiterzuführen. Allerdings gelangten Songs wie "Vamos A La Playa" oder "El Tiburon" nicht selten nur noch unter die Top 40. Herrscht deiner Meinung nach eine Art "Sommerhitmüdigkeit" bei den Deutschen?

Dafür gibt es, denke ich, viele Gründe. Beispielsweise werden heutzutage der Schlager und die Partymusik generell immer populärer, was für mich ja auch durchaus von Vorteil ist, denn so finde ich im Sommer zum Beispiel auf Mallorca einfach statt. Früher gab es eben viele Künstler neben mir wie Yamboo, die auf einen ähnlichen Musikstil wie ich gesetzt und damit auch großen Erfolg hatten. Weiterhin, und damit muss ich leben, bin ich keine neue Künstlerin mehr, das heißt es gibt nicht mehr den Hype wie zu Beginn meiner Karriere. Auf der anderen Seite habe ich mir mittlerweile eine gewisse Fanbase aufgebaut und brauche auch nicht mehr von Plattenfirma zu Plattenfirma zu latschen, man hat also eine gewisse Sicherheit aufgrund der erreichten Erfolge. Ein weiterer Faktor sind die Radiostationen, die mittlerweile kaum noch Einfluss auf ihre eigenen Playlists haben, sondern sich immer mehr nach dem internationalen und besonders dem amerikanischen Musikmarkt richten müssen. Da bleibt für Künstlerinnen wie mich schier kein Platz mehr.

Doch gerade die Tatsache, dass es damals auch schon eine Menge Konkurrenz aus deiner Sparte gab und du dich trotzdem über 15 Jahre gehalten hast, ist schon eine große Leistung.

In der Tat bin ich dafür mit jedem Tag glücklicher und dankbarer, denn ich begleite mittlerweile ganze Generationen von Menschen mit meiner Musik. Seien es die jungen Frauen heute, die sich damals als Mädchen die „Bravo“ gekauft haben, oder Paare mit Kindern, die wiederum auch beginnen, meine Songs zu hören. Das ist einfach der pure Wahnsinn und genau deswegen habe ich nie geplant aufzuhören, auch wenn es karrieretechnisch mal nicht so läuft wie vielleicht vor zehn Jahren. Den wenigen Stimmen, die sagen, ich hätte meine beste Zeit längst hinter mir, entgegne ich: „Habt ihr eine Glaskugel? Wer weiß, ob mein größter Erfolg vielleicht nicht noch vor mir liegt?“ Wichtig ist der Glaube an dich selbst, egal ob früher, als ich als Tänzerin von einer eigenen CD geträumt habe, oder heute, wenn ich mit einem neuen Song an die Leute trete. Und selbst wenn er nicht in die Top 10 oder Top 20 geht, dann ist das auch kein Weltuntergang. Solange mir mein Beruf Spaß macht und ich den Leuten positive Emotionen vermitteln kann, werde ich ihn bestimmt nicht aufgeben.

In deinem Jubiläumsjahr tingelst du neben deinem Wohnort Mallorca wieder durch sämtliche Städte und Fernsehsendungen. Vor kurzem hieß es auf deiner Website, es solle ein Best Of-Album geben. Wie sieht es damit aus und was planst du für die nähere Zukunft noch alles?

Das Best Of-Album kommt auf jeden Fall, nur wahrscheinlich nicht mehr dieses Jahr. Es gibt bestimmte Zeiten im Jahr, wo ich wirklich gut stattfinde und wo die Leute auch entsprechend Musik von mir erwarten. Da die Plattenfirma jedoch lieber nur eine Single rausbringen und das Album auf das kommende Jahr verschieben wollte, haben wir ein bisschen Zeit verloren und uns gegen eine Veröffentlichung im Herbst oder Winter entschieden. Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 habe ich schon einen super Song in der Hinterhand, der als gute Promotion für das Album dient. Nebenbei stecke ich in Verhandlungen mit Shop24, um eine CD-Box mit all meinen bisherigen Singles zusammenzustellen.

Neben "Rakatakata (Un Rayo De Sol)" hast du mit Newcomer Chris Prinz einen Remix seines Songs "Richtung Sonne" aufgenommen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Chris Prinz ist auch ein Künstler von Sony, und der Boss war auf der Suche nach einer passenden weiblichen Stimme und ist irgendwann bei mir gelandet. Ich kannte ihn vorher auch noch nicht und habe lediglich gehört, dass er im vergangenen Jahr mit seiner Single „Berlin Tag und Nacht“ einen Überraschungserfolg gelandet hat – augenscheinlich natürlich aufgrund der thematischen Verbindung zur Soap. Für die Zukunft wünsche ich ihm alles Gute und dass er hart an seiner Karriere arbeitet, denn nur so kann sich über kurz oder lang der Erfolg einstellen.

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