ESC 2013: The Siegel is back

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„Wunder gibt es immer wieder“ sang Katja Ebstein einst beim Grand Prix und dass sie Recht hatte, zeigt sich auch beim diesjährigen ESC: Ralph Siegel, der Großmeister des Grand Prix und siegreicher Komponist von Nicoles „Ein bisschen Frieden“ ist auch in diesem Jahr dabei und schickt zum zweiten Mal in Folge ein Lied für San Marino ins Rennen. Bei Siegels Eifer wäre das allein noch keine Nachricht wert. Nein, das Wunder ist viel mehr: Er hat ein gutes Lied geschrieben.

Es gab Zeiten, da schrieb Ralph Siegel ein gutes Lied nach dem anderen. Neben dem oben erwähnten „Ein bisschen Frieden“ gehören mit „Theater“ von Katja Ebstein, „Dschingis Khan“ von der gleichnamigen Band, und „Johnny Blue“ von Lena Valaitis zu seinen großen ESC-Erfolgen, die er vor allem in den 70er- und 80er-Jahren feiern konnte. Doch auch in den 90ern ging Siegel mit der Zeit und war ihr – was den Grand Prix betrifft – vielleicht sogar einen Schritt voraus. So schickte er 1994 die dreiköpfige Girlband Mekado ins Rennen, die mit „Wir geben ’ne Party“ einen Song vertrug, der erstaunlich modern daher kam und es letztendlich immerhin auf Platz 3 schaffte. Zur Erinnerung: Wir befinden uns noch in der Vor-Guildo Horn Zeit, als der ESC meist von irischen Balladen nach Hause geholt wurde.

Und auch 1999 hatte Ralph Siegel nochmal den richtigen Riecher. Deutschland wurde in Jerusalem von der deutsch-türkischen Gruppe Sürpriz vertreten, die das deutsch-türkisch-hebräische Freundschaftslied „Reise nach Jerusalem“ vortrug. Das mag zum einen nicht besonders originell und zum einen auch dezent kitschig sein, traf aber den Nerv der Zeit und bescherte Deutschland einen 3. Platz – bis 2010 die beste Platzierung Deutschlands in der Post-Guildo-Arä.

Dann folgten jedoch die Jahre, in denen Deutschland zwar weiterhin in schöner Regelmäßigkeit Songs von Ralph Siegel zum ESC schickte, dieser die Wandlung der Veranstaltung hin zu einem modernen Songfestival nicht mitgehen konnte oder wollte. Das führte letztendlich zum 21. Platz von Corinna May und zum 12. Platz von Lou und stürzte Deutschland in die Grand Prix-Krise, die erst Lena wieder vergessen machen konnte. Ralph Siegel hingegen versuchte weiterhin seinen Erfolg mit „Ein bisschen Frieden“ zu wiederholen und nahm an etlichen Vorentscheiden teil – zuletzt auch dieses Jahr in der Schweiz. Hier trat Lys Assia – die Frau, die den ersten Grand Prix im Jahr 1956 gewonnen hatte – mit einem seiner Lieder an. Unterstützt wurden die beiden von den vier Rappern der Berner Band NewJack – und ja, der Song ist so furchtbar wie man es erwartet.

Entsprechend wurde „All In Your Head“ auch nicht nach Malmö geschickt. Im Januar sorgte dann jedoch die Nachricht für  Häme und Spott, Valentina Monetta – im letzten Jahr mit Siegels furchtbar peinlichem „Social Network Song“im Halbfinale für San Marino  ausgeschieden – wolle auch in diesem Jahr wieder antreten. Komponist sollte auch diesmal wieder kein geringerer als Ralph Siegel sein. Doch es geschah tatsächlich ein Wunder: „Crisalide“ mag kein moderne Popsong sein, der es mit „Satellite“ oder „Euphoria“ aufnahmen kann. Er ist aber ein absolut solides Grand Prix-Lied, das äußerst gute Chancen hat, ins Finale des Eurovision Song Contest einzuziehen und dort auf einem respektablen Platz zu landen. Auch die englischen Buchmacher sehen Valentina und Ralph momentan auf Platz 12. Die deutschen Zuschauer können die beiden jedenfalls unterstützen, denn Deutschland ist im zweiten Halbfinale (16. Mai um 21 Uhr auf Phoenix), in dem San Marino antritt, stimmberechtigt.