Sigur Rós – Brennisteinn

Sigur Rós

Nach vier Jahren Albumpause war „Valtari“ vielleicht nicht unbedingt das, was man sich von Sigur Rós erwartet hatte. Die Isländer hatten keineswegs eine schlechte Platte eingespielt, man schien jedoch auf Nummer Sicher gegangen zu sein. Der vollmundigen Ankündigung, der Nachfolger würde deutlich aggressiver ausfallen, folgt Mitte Juni „Kveikur“ (dt. „Kerzendocht“), das siebte Album der ikonischen Post-Rock-Band, auf dem man ohne den mittlerweile ausgestiegenen Multi-Instrumentalisten Kjartan Sveinsson auskommen muss, der sich anderen Projekten widmen will. Unbeeindruckt von diesem Abgang, erfüllt die erste, exklusiv über die Band-Homepage erhältliche Single „Brennisteinn“ (dt. „Schwefel“) sämtliche Erwartungen.

Von Ambient und Hintergrund-Beschallung ist dieses Mal nichts zu hören. Der Beginn fällt chaotisch und laut aus, erinnert am ehesten an „Untitled 8“ von „( )“, einer der letzten ‚aggressiven‘ Songs der Isländer. Eine schneidende Bassline, wenn man dieses obskure Synthi-Gewaber denn als solches bezeichnen will, bildet mit einem herkömmlichen, organischen Basslauf und stoischen Drums das Grundgerüst, über das Jónsi angenehm unaufgeregt und doch bestimmt singt, die hohen Noten vorerst ausklammert. Gerade der Refrain mit seinen Streichern und den mehrstimmigen Passagen geht an die Substanz, in weiterer Folge greift der Frontmann zum bewährten Gitarrenbogen und entlockt seiner Gitarre schaurig schöne Klänge. Das stark entstellte Breakdown führt zurück zu bestens vertrauter Stille und einem schrittweisen Aufbau hin zur herbei gesehnten Ekstase. Verkappte Streicher und Jónsis Kopfstimme bauen dieses Monster auf, während nach und nach die übrigen Instrumente einsetzen für einen weiteren explosiven Refrain, bevor es nachdenklich mit gestrichener Gitarre und verstörtern Symphonikern gen Outro geht.

Natürlich geht es bei Sigur Rós ab und an mal ein wenig härter zu, wird minutenlang auf einen gewaltigen, erschütternden Ausbruch der Emotionen hingearbeitet, doch so konstant heftig und ruppig waren die Isländer seit zehn Jahren nicht mehr. Eine weitere Aufwertung, sofern das bei dem bereits für sich mächtigen „Brennistein“ möglich ist, erfährt der Song durch das ebenso verstörende Video von Andrew Huang, der eine Performance des Trios mit barbarischen Bildern vermengt. Der Single-Download enthält obendrein zwei exklusive instrumentale B-Seiten, nämlich „Hryggjarsúla“ (dt. „Wirbelsäule“), das ein wenig an den Sound der Vorab-Auskopplung anknüpft, sowie das schlichte, verhältnismäßig klassische „Ofbirta“ (dt. „Helligkeit“), bei dem der Name Programm ist. De facto klingen Sigur Rós mit reduziertem Line-Up so heftig und aufwühlerisch wie seit Jahren nicht mehr. Die Zeichen stehen, wahrhaftig, auf Sturm.

Sigur Rós

Brennistein
VÖ: 22.03.2013 (DL-Single)
Eigenvertrieb

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