ESC 2013: Unsere Kandidaten für Malmö (I)
Als vor knapp eineinhalb Monaten die Teilnehmer für „Unser Song für Malmö“ – den deutschen Vorentscheid zum diesjährigen Eurovision Song Contest in Malmö – bekannt gegeben wurden, herrschten an dieser Stelle noch gemischte Gefühle. Zu hochtrabend waren die Ankündigungen des NDR im Vorhinein gewesen, zu newcomerlastig die tatsächliche Auswahl. Und doch muss man zum jetzigen Zeitpunkt eingestehen: alles richtig gemacht, NDR! Die Songs der Teilnehmer sind zu einem Großteil richtige Hits, die Mischung der Teilnehmer bietet Musik für jeden Geschmack und der deutsche Vorentscheid wird auch international mit Spannung erwartet und verfolgt. Bevor am 14. Februar in Hannover entschieden wird, wer für Deutschland nach Schweden fährt, werden auf beatblogger.de in den kommenden Tagen alle zwölf Beiträge vorgestellt. Den Anfang machen heute Ben Ivory, Betty Dittrich, Blitzkids mvt., Cascada, Finn Martin und Mia Diekow.
Ben Ivory – The Righteous Ones
Ben Ivory ist eigentlich der perfekte Teilnehmer für den ESC. Seine Musik lehnt sich an die elektronischen 80er an, ist damit aber gleichzeitg ganz modern retro. Dazu ist der junge Künstler noch in der Berliner Modelandschaft unterwegs und weiß sich gut in Szene zu setzen. Wer dazu noch einen düsteren und spannenden Song wie „The Righteous Ones“ im Gepäck hat, der kann sich durchaus Hoffnungen auf ein erfolgreiches Abschneiden machen. Und so wurde Ben Ivory zunächst auch als Mitfavorit für USFM gehandelt. Mittlerweile ist dieser Beitrag die große Unbekannte. Da war dieser Auftritt im ARD Morgenmagazin, während dem er die ganze Zeit furchtbar unglücklich aussah und fast schon regungslos auf seinem Hocker saß. So sieht sicher kein Sieger aus und auch als Teilnehmer beim ESC muss man seinen Beitrag vielleicht mal akustisch präsentieren. Dann kam jedoch dieses großartige Video (siehe oben) und plötzlich war er wieder im Rennen. „The Righteous Ones“ kann gewinnen – wenn Ben Ivory die Nerven behält und am 14. Februar einen großartigen Auftritt abliefern.
Betty Dittrich – LaLaLa
http://www.youtube.com/watch?v=3AbyrJ5v_2s
Betty Dittrich war bis vor einem Monat noch kein Begriff in der deutschen Musikszene, mittlerweile wurde das Video zu „LaLaLa“ auf MyVideo, wo es vor Kurzem Premiere feierte, über 170.000 Mal angeschaut, und auf den einschlägigen nationalen wie internationalen ESC-Seiten wird der Song als Mitfavorit für USFM gehandelt. Wer also ist die Frau, die solch einen Hype auslöst? Betty Dittrich kommt aus – aufgepasst – der Nähe von Malmö und sucht nun seit einigen Jahren in Berlin ihr musikalisches Glück. Mittlerweile singt sie auf deutsch und wird am 1. März ihr Debütalbum „Gute Jungs, Böse Mädchen“ veröffentlichen. Ihre Songs erinnern unweigerlich an die alten Grand Prix-Zeiten, als in den 60er- und 70er-Jahren immer wieder Skandinavierinnen – namentlich Wencke Myhre, Gitte und Siw Malmkvist – für Deutschland antraten, aber auch an Flower Power und San Francisco. Speziell „LaLaLa“ lebt dazu noch von der spannenden Mischung aus Bettys kindlicher Stimme und einfachen, fast schon naiv-dümmlichen Sprache und dem Inhalt des Textes, an dessen Ende sie durchblicken lässt, ihre Ex-Liebhaber umgebracht zu haben. Ein Favorit auf den Sieg in Hannover ist der Song allemal, ob ein solcher Song heutzutage international ankommen würde, steht auf einem anderen Blatt.
Blitzkids mvt. – Heart On The Line
Blitzkids mvt. zählen ähnlich wie Ben Ivory zu den Überraschungen des diesjährigen Vorentscheids. Gleich zwei elektronische Songs hatte wohl niemand auf dem Zettel. Doch der NDR hat Mut bewiesen und treibt nun die Entwicklung, die durch den Sieg von Loreen angestoßen wurde, konsequent weiter. Das Duo Blitzkids mvt. wird als „die deutsche Antwort auf Lady GaGa“ angekündigt und zumindest optisch drängt sich dieser Vergleich durchaus auf. Eine große Bühnenshow wird man also erwarten können und „Heart On The Line“ könnte sowohl national als auch international durchaus funktionieren. Alles wird am Ende wohl darauf ankommen, ob sich die Fans moderner elektronischer Musik hinter einem der beiden Acts – Ben Ivory oder Blitzkids mvt. – versammeln können, oder ob sich deren Stimmen auf die Genannten aufteilen und am Ende beide im grauen Mittelfeld landen. Dennoch steht zweifelsohne fest, dass von Blitzkids mvt. in diesem Jahr noch einiges zu hören sein wird.
Cascada – Glorious
Cascada dürfte – nachdem die Söhne Mannheims ohne Xavier Naidoo antreten – der wohl bekannteste Act der diesjährigen Vorentscheidung sein. Ihre Überhits „Everytime We Touch“ und „Evacuate The Dancefloor“ waren zudem nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa äußerst erfolgreich. Dass das alleine keine Punkte bringt, ist mittlerweile auch Kate Ryan und Engelbert bekannt, ein Nachteil ist es aber natürlich auch nicht. Ob sich das Trio aber mit „Glorious“ den richtigen Song für den ESC ausgesucht hat? Die Meinungen gehen hier weit auseinander. Während die einen in ihm einen potenziellen Siegersong sehen, stellen die anderen die musikalische Nähe zu „Euphoria“ heraus und sind der Meinung, diese Ähnlichkeit würde international abgestraft werden. Mit der entsprechenden Show könnte es zumindest bei USFM aber für einen Platz auf dem Treppchen reichen.
Finn Martin – Change
http://www.youtube.com/watch?v=vs0KUHjzeGg
Der Berliner Finn Martin veröffentlichte seinen Vorentscheidungssong „Change“ schon im vergangenen September und ging damit unter. Bleibt also die Frage, was das Lied nun befähigen soll, Deutschland und Europa von sich zu überzeugen. Und leider muss die Antwort lauten, dass beides nicht gelingen wird. „Leider“ ist in diesem Fall wörtlich gemeint, denn Finn Martin macht durchaus schönen Singer/Songwriter-Pop und „Change“ ist ein nettes kleines Liedchen, dem man sogar gewisse Ohrwurmqualitäten zusprechen könnte. Mehr aber auch leider nicht. Und solche Songs pflegen zwischen Dance, Rock und den ganz großen Balladen eher unterzugehen. Bleibt nur zu hoffen, dass Finn Martin durch USFM trotzdem ein bisschen verdiente Aufmerksamkeit zuteil wird.
Mia Diekow – Lieblingslied
http://www.youtube.com/watch?v=Q3UfJUnvTzM
Die Hamburgerin Mia Diekow veröffentlichte bislang mit „Herz“ und „Black Beauty“ zwei Singles sowie ihr Debütalbum „Die Logik liegt am Boden“, konnte die Musikszene damit aber noch nicht wirklich aufwirbeln. An der Qualität kann das jedenfalls nicht liegen, denn auf ihrem Album ist mitreißender deutscher Pop zu finden. Nur an der Aufmerksamkeit mangelte es bisher, die wird Mia Diekow jetzt aber wohl dank USFM zuteil werden. Doch auch wenn die Lieder gerade durch ihre Liveperformance nochmal ein ganz eigenes Leben eingehaucht bekommen – den Platz an der Sonne wird „Lieblingslied“ wohl nicht erobern. Dazu ist der Song nicht eingängig und gefällig genug. Schade eigentlich, aber wenn „Unser Song für…“ tatsächlich das neue Melodifestivalen wird, dann dürfen KünstlerInnen ja vielleicht auch in den kommenden Jahren noch einmal ihr Glück versuchen…
Kommende Woche folgen an dieser Stelle die Beiträge von LaBrassBanda, Mobilée, Nica & Joe, Die Priester (feat. Mojca Erdmann), Saint Lu und den Söhnen Mannheims.
Toller und zutreffender Beitrag. Das wird ein vielseitiger und spannender Abend am 14. Februar. Schade, dass Mia Diekow mit einer schwächeren Song antritt.
Das Ergebnis bei USFM kommt zu einem Drittel auch über die Abstimmung auf den Seiten der jungen Radiosender der ARD zustande. Das Voting ist seit 18 Uhr geöffnet, abgestimmt werden kann bis 14.2.
http://blog.vorwaerts.de/blogs/der-steinige-weg-der-direkten-demokratie