Lena – Stardust
Das Leben von Lena Meyer-Landrut fand in den letzten zwei Jahren fast ausschließlich in der Öffentlichkeit statt: Nachdem sie 2010 in Oslo sensationell den Eurovision Song Contest gewonnen hatte, war schnell klar, dass „Lovely Lena“ in Düsseldorf ein Jahr später ihren Titel verteidigen sollte. Dieses Unterfangen scheiterte, doch der Popularität der 21-jährigen Hannoveranerin tat dies keinen Abbruch, im Gegenteil. Ihre beiden Alben „My Cassette Player“ und „Good News“ erreichten die Spitze der Charts, verkauften sich zusammen über 700.000 Mal. Ende 2011 wollte sie es verdientermaßen ruhiger angehen lassen und ein Studium der Sprachen und Kulturen Afrikas sowie der Philosophie in Köln aufnehmen. Doch daraus wurde nichts, stattdessen begab sie sich der Liebe zur Musik wegen erneut ins Studio. Das Resultat ist ihr mittlerweile dritter Longplayer „Stardust“, mit dem sie nahtlos an ihre bisherigen Erfolge anknüpft.
Stilistisch bietet die quirlige Sängerin einen bunten Mix ihrer bisherigen Werke an. Beschwingt und tanzbar fällt zum Beispiel der Feel-Good-Track „Better News“ aus, der wie einige Stücke des Albums vom Arrangement her an Amy Macdonald erinnert. Der geschickte Einsatz von Schlagzeug, Piano und glockenspielähnlichen Klängen verschafft eine behagliche Atmosphäre, Lenas euphorisierter Gesang tut sein Übriges. Fans der „Satellite“-Ära werden zudem mit den verspielt-eingängigen Songs „Pink Elephant“ und besonders „The Arrow Key“ bestens zufriedengestellt, die ihre eigenwilligen Vocals perfekt zur Geltung kommen lassen. Dass sie auch sanftere Töne stilsicher beherrscht, stellt sie unter anderem mit den auf Akustikinstrumente reduzierten Titeln „Day To Stay“ und „Goosebumps“ unter Beweis. Hier sind es vor allem die Lyrics sowie die Brüche innerhalb der dreieinhalb- bis vierminütigen Songs, die eine gar romantische Facette von Lena offenbaren.
Im Midtempo-Bereich zünden vor allem „To The Moon“ und das schwerst melodiöse „I’m Black“, bei dem Frau Meyer-Landrut souverän in die hohe Kunst des Rhythm & Blues hineinschnuppert. Absolutes Highlight bleibt jedoch die soulige Jazznummer „ASAP“ zusammen mit der schwedischen Sängerin Miss Li. Die charakteristisch ganz ähnlich angelegten Stimmfarben harmonieren wie Arsch auf Eimer und sorgen für den alternativen Touch des in der Standard-Version zwölf Tracks umfassenden Albums, das frei von jeglichen Schwächen und annähernd ausgereift daherkommt. Wer sich für die Special iTunes-Version entscheidet, wird mit dem äußerst chilligen „Moonlight“, Audiokommentaren zu jedem Song von Lena herself sowie dem Musikvideo zur ersten Single „Stardust“ belohnt. Die physische Limited Deluxe Edition wartet dagegen mit einer Bonus-DVD auf, die beispielsweise ein Studiotagebuch und eine Hintergrundstory zur Entstehung der CD beinhaltet.
Mit „Stardust“ beweist Lena endgültig, dass sie dem ESC-Mythos entkommen ist und als eigenständige, unabhängige Künstlerin angesehen werden darf. Die äußerst hochwertige Produktion, für die unter anderem Swen Meyer und Sonny Gustafson verantwortlich zeichnen, besticht besonders durch handgemachte, schnörkellose Pop-Perlen in Kombination mit diversen anderen Stilrichtungen. Ergebnis ist ein abwechslungsreiches und daher kurzweiliges Hörerlebnis, das jedoch einen unweigerlichen Einsatz der Repeat-Taste zur Folge haben dürfte. Die Tatsache, dass Lena die Mehrzahl der Songs selbst geschrieben hat, bescheinigt ihr zudem interessante Singer-Songwriter-Qualitäten, die in Zukunft noch von großer Bedeutung sein könnten. Die Zeit der Schützenhilfe ist jedenfalls eindeutig vorbei. Wer war eigentlich nochmal Stefan Raab?
VÖ: 12.10.2012
USFO (Universal Music)
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Danke für diese sehr gut und einfühlsam geschriebene Rezension!
Danke für die Blumen! 🙂
Eine gut geschriebene Rezension die sich hauptsächlich mit der Musik beschäftigt.Toll. Sollte eigentlich ja eine Selbstverständlichkeit sein, ist es häufig aber nicht mehr.