Kamelot – Silverthorn
Neuer Sänger, neues Glück. Was manchen Bands schon das Genick gebrochen hat, scheint bei Kamelot kein größeres Problem darzustellen, denn schon zum zweiten Mal erhebt sich die Band wie Phönix aus der Asche. Nach dem Sängerwechsel von Mark Vanderbilt zu Roy Khan präsentierten sich Kamelot 1998 stärker denn je, und wie es aussieht, scheint sich Geschichte zu wiederholen. Doch während Kamelot damals neben dem Sänger auch gleich noch ihren Stil ausgetauscht haben – an die Stelle von deftigem US Power Metal trat symphonisch angehauchter Melodic Metal – haben sie auf „Silverthorn“ einfach nur all ihre Stärken in einen Topf geworfen und liefern gemeinsam mit ihrem neuen, aus Schweden stammenden Sänger Tommy Karevik eines der stärksten Alben ihrer bisherigen Karriere ab.
Dass sich der neue Sänger als besondere Stärke des Albums erweist, zeigt sich gleich beim Opener „Sacrimony (Angel Of Afterlife)“ (das stimmungsvolle Intro mal außen vor gelassen). Die Nummer vereint auf höchstem Niveau all das, was Kamelot seit Jahren repräsentieren – raffinierte Tempiwechsel, bezaubernde Melodien und nichtsdestotrotz auch ausreichend metallische Härte. Doch das Tüpfelchen auf dem I stellt Kareviks einschmeichelnde, durchaus charismatische Stimme dar. Ein charakteristisches Gesangsorgan hatte Roy Khan zwar auch, doch harmoniert Karevik einfach besser mit dem symphonisch angelegten Kamelot-Sound. Dass die Band ihr Pulver nicht mit dem starken Opener verschossen hat, beweisen Kracher wie das speedige „Ashes To Ashes“, die romantische, stellenweise akustische Ballade „Song For Jolee“, das chorunterlegte „Veritas“ und ganz besonders der verspielte Titelsong. Auch im hinteren Teil, der bei Veröffentlichungen anderer Bands oft mit langweiligen Füllern bestückt ist, weiß „Silverthorn“voll und ganz zu überzeugen. Die düstere, mit fast neun Minuten zwar lange aber keinesfalls langatmige Halbballade „Prodigal Son“ ist dafür das beste Beispiel.
Wer sich auf die Suche nach einem schwachen Song begeben möchte, dem machen es Kamelot schwer, denn allerhöchstens das etwas zu simpel gestrickte „Solitaire“kann das hohe Niveau der restlichen Titel nicht ganz erreichen – ist dabei aber meilenweit von einem Totalausfall entfernt. Kamelot ist somit das Kunststück gelungen, eine durch und durch starke Scheibe abzuliefern, die den dunklen Gothic-Charme von Alben wie „Ghost Opera“ und „Poetry For The Poisoned“ zwar ein wenig vermissen lässt, dafür aber mit den stärksten Melodien und dem stimmigsten wie auch schlüssigsten Konzept seit dem genialen „Epica“-Werk aus dem Jahr 2003 aufwarten kann. Ein Problem haben Kamelot allerdings: Die Auswahl der Songs auf der am 02.11. beginnenden Europatour mit Xandria, Triosphere und Blackguard im Vorprogramm dürfte der Band schwerer denn je fallen, denn prinzipiell hätten es alle Songs auf „Silverthorn“ verdient, einem breiteren Publikum live präsentiert zu werden.
VÖ: 26.10.2012
Steamhammer (SPV)
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