Sebastian Lind – I Will Follow
Mit zarten 23 Lenzen zählt Sebastian Lind zu den größten Hoffnungsträgern im breiten Singer/Songwriter-Feld; und das, obwohl man den jungen Dänen in Deutschland noch kaum kennt. Es wäre jedoch falsch, Lind als klassischen Jungen mit der Gitarre zu sehen, denn wie er selbst zu Protokoll gibt, verschließt er sich anderen Einflüssen ganz und gar nicht, hat ein ausgeprägtes Faible für gute Popsongs. Davon haben sich einige auf sein neues Album „I Will Follow“ verirrt, die neben klassischen Singer/Songwriter-Stücken und durchaus experimentellen Klängen ein schönes Plätzchen finden.
Zu letzterer Kategorie zählt mit Sicherheit „Another You“, das an zweiter Stelle des Albums prominent platziert wurde und den einen oder anderen vor kleinere Rätsel stellen dürfte. Hier trifft Alex Clare auf Ed Sheeran, gehen ein Hauch Elektronik, eine Prise Soul und leidenschaftliche Singer/Songwriter-Kunst Hand in Hand. Es bleibt dies der einzige Track dieser angenehm forschen Art; gleichzeitig ist dies auch das große Highlight der Platte, mit Sicherheit aber nicht das einzige. Der Titeltrack „I Will Follow“ schwingt sich leicht schwülstig durch eine laue Sommernacht mit typisch skandinavischen Klängen und einem Hauch Post Rock-Vibe inmitten eines wunderbar fragilen Pop-Moments. „Still Here“ als elektronisch untermalter Opener im durchaus minimalistischen Outfit steht am anderen Ende der Skala, gibt sich zwar ähnlich schlicht, jedoch auf bedeutend andere Art und Weise.
Dazwischen liegt ein breites Feld mit zahlreichen Ausrufezeichen. Die aktuelle Single „Never Let Go“ marschiert im besten Everlast-Stil, spielt mit Folk-Experimenten und erinnert ein wenig an Hello Piedpiper. „I’m Alive“ schielt dezent gen Britpop, setzt seine Akzente auf einer harmonischen Ebene. So treffen eine warme E-Gitarre und Linds in diesem Fall relativ tiefe, sonore Stimme aufeinander, während das kleine Zwischenspiel gar gespenstisch anmutet. Erarbeiten muss man sich hingegen das große Finale „I Can Sleep“, das als sanftmütiger, reduzierter Singer/Songwriter-Track weitestgehend unscheinbar beginnt, nach gut fünf Minuten aber plötzlich in eine Art Synthi-Unwetter gelangt, im Lärm Schiffbruch erleidet und nur unter größten Mühen gerettet werden kann.
Vor allem aber kann man sich „I Will Follow“ ganz entspannt von vorne bis hinten durchhören, wobei trotz stolzer 52 Minuten Spielzeit keinerlei Langeweile aufkommt. Selbst verhältnismäßig generische Singer/Songwriter-Pop-Tracks nach Milow-Art wirken unterhaltsam, doch der tatsächliche Reiz liegt in den kleinen Experimenten und Linds Hang zu Reduktion und Übersichtlichkeit. Ein „Another You“ hätte mit der entsprechenden Promotion das Zeug zu einem Hit Marke „Too Close“, zahlreiche weitere starke Songs stehen parat. Sebastian Lind präsentiert sich in Bestform und beschließt den Sommer mit einer charmanten Perle, die den Herbst einzuläuten scheint – es könnte ein goldener werden.
VÖ: 31.08.2012
Columbia Deutschland (Sony Music)
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