Kimbra – Vows
Im vergangenen Winter hörte man wohl kaum ein anderes Lied so oft im Radio wie „Somebody That I Used To Know“ von Gotye, welcher durch den weltweiten Erfolg außerhalb von Down Under bekannt wurde. Dessen Gastsängerin Kimbra Johnson ist im ozeanischen Bereich ebenfalls keine Unbekannte und konnte mit ihrem Debütalbum „Vows“ Platinum-Status in ihrer Heimat Neuseeland und in Australien erreichen. Um nun auch der deutschen Fangemeinde zu beweisen, dass Kimbra nicht einfach jemand ist, den man mal gekannt hat, wird nun besagtes Album in einer Deluxe-Edition samt sechs neuer Titel erstveröffentlicht.
Die 22-jährige ließ sich bei der Produktion ihres Erstlings massig Zeit, genau genommen drei Jahre, die sie sich in ihrer Wahlheimat Melbourne nahm. Und dies hört man deutlich heraus. Gleich der Einstieg gelingt mit dem unbekümmert wirkenden Opener „Settle Down“, dessen Synthese aus simpler Mitklaschmelodie und Björk’eskem Gesang gut funktioniert. Das stark vom Motown-Blues der 1960er beeinflusste „Cameo Lover“ beweist, dass Kimbra auf „Vows“ mehr als nur einem Genre die Treue hält. Dazwischen sticht „Something In The Way You Are“ mit seiner spartanischen Instrumentalisierung wenig heraus. „Two Way Street“ entfaltet seine Stärke erst nach der Bridge und weiß durch detailreiche Soundexperimente zu überzeugen. Mit „Old Flame“ und „Good Intent“ wartet man mit zwei starken Songs in Folge auf. Letzterer bleibt durch seine Einflüsse aus Bossa Nova, Contemporary Pop und Lounge Jazz im Ohr hängen, während „Old Flame“ durch elektronische Elemente und den einprägsamen Refrain besticht. Eine monotone Gitarrenmelodie gibt den Ton in der Live-Version von „Plain Gold Ring“ an, die aufgrund von Kimbras stimmgewaltigem Solo im letzten Songdrittel gefällt.
Und nun zu den bereits angekündigten neuen Werken: „Come To My Head“, mit dem neben „Warrior“ wohl die tanzbarste Nummer des Albums gestellt wird, hebt sich durch sein Big Band-Ambiente von den anderen Liedern positiv ab. In „Sally I Can See You“ führt die junge Neuseeländerin ihre Zuhörer durch eine wahre Achterbahn der menschlichen Tonerzeugung. Man fühlt sich teilweise an die quirlige Kate Bush der 70er- und 80er-Jahre erinnert. Zwei Pop-Songs in einem eher unkonventionellen Gewand sind „Posse“ und „Home“, die gemeinsam mit der zurückhaltend vorgetragenen Ballade „The Build Up“ allenfalls als Füllmaterial dienen. Ein gelungener Schlussakkord wird dagegen mit dem Bonustrack „Warrior“, einer vom US-Sportartikelhersteller Converse initiierte Kollaboration zwischen Kimbra, Mark Foster (Foster The People) und A-Trak (Duck Sauce), erzielt.
Kimbras chamäleonartige Stilwechsel zwischen den einzelnen Liedern zeugen von viel Abwechslung, lassen aber leider den roten Faden vermissen. Die Auslese aus 13 Songs, welche ein gesundes Maß an altem wie neuem Material liefert, wirkt leicht durcheinander gewürfelt. Pluspunkt auf „Vows“ ist Kimbras unverwechselbare Art und Weise, ihre Stimme einzusetzen. Mal gibt sie sich laut und launisch, mal sehr erwachsen und temporeduziert, dies aber stets stimmsicher. Dennoch findet sich auf dem Debütalbum der neuseeländischen Singer/Songwriterin kein Welthit in der Klasse von „Somebody That I Used To Know“, dafür sind viele der Songs zu experimentell ausgelegt, weswegen sie nicht auf Anhieb Zugang zum Zuhörer finden. Vielmehr reift die Musik von Kimbra mit jedem weiteren Hördurchgang stärker heran. Und dies ist meist besser, als dass ein bestimmter Song im Radio tot gespielt wird. Mehr davon gibt es demnächst auf Tour:
27.08. Frankfurt, Sankt Peter
05.09. Köln, Kulturkirche
06.09. Hamburg, Gruenspan
10.09. München, Freiheiz
VÖ: 20.07.2012
Warner Bros. Records (Warner Music)
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Sehr schöner Artikel. Danke dafür. Ich habe neulich ein Interview mit Kimbra gesehen, dass vor ihrem Auftritt in Hamburg gemacht wurde. Die Frau strahlt so was magisches aus. :-).