Cro – Raop
Ohne Maske heißt er Carlo, ist Mediendesigner mit Realschulabschluss und soll im Keller seiner Eltern in Stuttgart wohnen. Mit Maske heißt er Cro und macht längst nicht nur die deutsche Rapwelt verrückt. Der Halb-Panda wurde über das Internet zum Star, erreichte mit seiner ersten offiziell veröffentlichten Single „Easy“ Platz 2 der Charts und Goldstatus, hat eine Woche vor Albumrelease gleich drei Nachfolger hinterher geworfen. Ob die Mischung aus Rap und Pop ein ganzes Genre retten kann und soll – Casper sollte ursprünglich auf ähnlicher Mission sein, beide wurden verbal von K.I.Z. abgewatscht – ist eher zweifelhaft. Fakt ist, dass „Raop“ durch die Decke gehen wird. Und das vollkommen zu Recht.
„Tief in mir drin bin ich eigentlich ’n Kind“ – der jugendliche Übermut Cros kollidiert mit Talent und einer Prise Selbstironie. Nur so kann man das „Intro“ verstehen, ein Kurzabriss der bisherigen Karriere des Panda-Rappers mit Tempo und Biss. Die Erfolgssingle „Easy“ wartet bereits an dritter Stelle, was durchaus passt, schließlich kann man dem Track nach wie vor nicht entkommen. „Sunny“-Sample, intelligenter Text, entspannte Präsentation – eben ein echter Hit. Aber auch an anderer Stelle gibt es Vertrautes zu hören: Das grandiose „Einmal um die Welt“ zitiert in bester Kraftklub-Manier die Kilians, während „Wir waren hier“ einen magischen Moment rund um „The Passenger“ schneidert.
Auch die bereits erwähnte Single-Trifecta darf nicht fehlen. „Du“ spielt mit einer Prise Funk und Synthi-Pop, „King Of Raop“ kann selbst durch Pitched Vocals nicht kaputt gemacht werden und „Meine Zeit“ scheint sich gar an den Fantastischen Vier zu orientieren. Aussetzer sucht man vergebens, potentielle Hits gibt es dafür en masse. Gerade die organische Bassline in „Nie mehr“ bleibt hängen, der vorwitzige Text liefert die nötige Würze und unterstreicht mit seinem jugendlichen Charme das Massenpotential Cros. Fast möchte man von einem Bravo-Rapper sprechen, was dem Maskenträger einerseits nicht einmal annähernd gerecht wird und andererseits vor dem Hintergrund der Pseudo-Rezension in „Bravo Hip Hop“ mehr als unpassend ist.
Rap und Pop harmonieren perfekt miteinander, überschäumende Tracks Marke „Wie ich bin“ (Was ist Identität? Was bleibt vom Privatleben?) machen das Cro-Debüt zu einem sicheren Chartbreaker. Das Radioformat ist Trumpf, kein Track dauert länger als dreieinhalb Minuten, in der Kürze liegt die Würze. Auch das ist ein wichtiger Baustein in der Erfolgsgeschichte des bärigen Hit-Schneiders: prägnantes Auftreten für die schrumpfende Aufmerksamkeitsspannen einer überreizten Gesellschaft. „Raop“ ist Zeitgeist, kommt genau zur rechten Zeit, ist einerseits liebliches Zeugnis einer typisch idyllischen Jugend, andererseits erste Rap-Liebe für viele junge Hörer, ohne auf eine bestimmte Zielgruppe limitiert zu sein. Treffer und versenkt.
VÖ: 06.07.2012
Chimperator (Groove Attack)
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