Little Gang – Half Of Everything

Little Gang

Die Idee eines Künstlerkollektivs ist aktuell präsenter denn eh und je, gerade durch den Erfolg von Caligola. Dass es aber auch ohne Masken und Umhänge geht, beweist der gebürtige US-Amerikaner Jacob Snavely (Dag För Dag), der nach zahlreichen Umzügen innerhalb seiner Heimat und einem eineinhalbjährigen Aufenthalt in London, während dem er Two Gallants als Tour-Manager zur Seite stand, letztlich in Stockholm ankam mit einer ganz speziellen Idee für das Schreiben von Musik. So sollen Worte und Stimmen das akustische Bild ergeben, was in gemeinsamen Sessions mit Rebekka Karijord und Musikern von den Shout Out Louds und Ane Brun erarbeitet wurde. Entsprechend ist „Half Of Everything“, das Debütalbum der Little Gang, eine Platte, die den Prozess des Songwritings in den Vordergrund stellt und sich dabei keinerlei Grenzen setzt.

Was auf dem Papier furchtbar anspruchsvoll und künstlerisch wertvoll klingt, macht auf Albumlänge Laune und gestaltet sich überaus abwechslungsreich. „By The Way“ eröffnet als luftig leichte Indie-Pop-Ballade mit Piano-Unterstützung und einem Hauch Avantgarde, einer gewissen Ästhetik der Selbstfindung. Dass es auch anders geht, beweist die von Rebekka Karijord eingesungene Video-Auskopplung „Ah Haa Ha“, eine Art Big-Beat-Version der Gorillaz mit übersteuertem Bass und geradezu dadaistischem Refrain – ein kauziger, dennoch unverschämt eingängiger Hit. Ähnlich einprägsam, wenngleich geradliniger, gestaltet sich „Evert’s Song“, ein beinahe frühlingshafter Jam auf einen Indie-Pop-Song, scheinbar unendlich und befreiend, durch eine Pluralität der Stimmen geradezu beflügelt.

Kein Song gleicht dem anderen, jeder der elf Tracks liefert neue, durchaus unerwartete Erkenntnisse. „Wait I’m Slow“ hat etwas von Düster-Folk mit Gothic-Pop-Note, „Serenade“ wirkt wie ein rockiger Outtake des MGMT-Debüts und „Across The Water“ stellt mal eben die gesamte Folk-Pop-Konkurrenz inklusive A Fine Frenzy in den Schatten. Die Kunst an „Half Of Everything“ ist diese unwiderstehliche Entdeckungsreise, die einen auch beim x-ten Durchlauf noch neue Facetten, bislang verborgenen gebliebene Details erkennen lässt, Gastsängerin Ane Brun durch die leicht verquere Abfahrt „Halvt Av Alt“ begleitet und dabei den Eindruck vermittelt, als würde man neben Little Gang im Studio sitzen und ihre musikalisch Genre-Kreuzfahrt aus nächster Nähe mitverfolgen. Es ist dies eines der interessantesten Alben, das man 2012 aus Schweden serviert bekommt – herausfordernd, nicht immer einfach und doch unheimlich bezaubernd.

VÖ: 01.06.2012
Control Freak Kitten Records (Cargo Records)

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