Hot Chip – In Our Heads
Im Hot Chip-Camp geht es aktuell Schlag auf Schlag. Kaum hat Joe Goddard seine erste Solosingle veröffentlicht, steht auch schon ein Nachfolger zu „One Life Stand“ an. Auf „In Our Heads“, dem ersten Album für das neue Label Domino Records, arbeitete erstmals die gesamte Band im Studio zusammen mit Knöpfchendreher Mark Ralph, was wohl auch den organischen Klang des neuen Longplayers erklärt. Es wird noch eine Spur fröhlicher und leidenschaftlicher, natürlich geprägt vom exorbitanten Songwriter-Duo Joe Goddard und Alexis Taylor, das dankenswerter erst gar nicht versucht, ein zweites „Over And Over“ oder „Ready For The Floor“ zu schreiben, sondern sein musikalisches Repertoire schrittweise weiter gen Vergangenheit erweitert.
Entsprechend warm und Synthi-lastig gehen die Briten auch zu Werke. „Motion Sickness“ eröffnet mit einer butterweichen, entspannten Melodie und hangelt sich schnell zu Alexis Taylors Vocals, die dem Track eine gewisse 80s-Schlagseite verpassen, dezent eingesetzte Gitarren inklusive. Noch einen Schritt weiter geht „How Do You Do?“. Hier kocht eine wuchtige Bassline förmlich über, hier entdecken Hot Chip die Magie des mächtigen, überlauten Beats wieder, getragen von einer penetrant eingängigen Melodie, bevor sich „Don’t Deny Your Heart“ als unverschämt poppiger, potentieller zukünftiger Single-Kandidat enttarnt. Erneut schielt man auf Synthi-Pop-Magie, getragen von einem fabulösen Ohrwurm-Refrain und einem ausladenden Percussion-Teil (!).
Dabei führte die erste Single „Night & Day“ noch auf eine falsche Fährte. „I like Zapp, not Zappa“ – eine Antwort auf musikalische Missverständnisse während eines DJ-Gigs Taylors – spricht eine deutliche Sprache und peitscht den Track gleichermaßen nach vorne. Es ist der clubbigste Song des Albums, obendrein mit einem fies funkigen Refrain ausgestattet, den man sich zwar erst schön hören muss, dann allerdings nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Davon abgesehen, bleibt die Stimmung getragen, sehr warmherzig, zuweilen beinahe balladesk. „These Chains“ schwimmt gemächlich aber bestimmt voran, „Now There Is Nothing“ bietet perfekten Synthi-Pop mit leichter Beatles-Schlagseite und „Let Me Be Him“, eines der großen Highlights auf „In Our Heads“, wirkt wie eine acht Minuten lange, semi-balladeske Variation auf das klassisch werdende Empire Of The Sun-Thema.
„In Our Heads“ ist das bislang ruhigste, getragenste Hot Chip-Album, harmoniebedürftig und in sich stimmig. Einzig die Single „Night & Day“ sticht wirklich hervor, scheint ein „DJ-Kicks“-Überbleibsel zu sein und geht einigermaßen auf die Zwölf. Dahinter wagen sich die Briten auf eine weitere, noch intensivere Entdeckungsreise durch Synthi-Unweiten der 80er, geben sich weiter dem Pop hin und brillieren mit ihrem Händchen für packende Melodien. Das beste Electro-Songwriter-Duo der Gegenwart, Taylor und Goddard, hat ein weiteres Mal zugeschlagen; auch wenn die Hit-Kandidaten weitestgehend fehlen. Als Gesamtkunstwerk gehört „In Our Heads“ mit zum Besten, was Hot Chip je aufgenommen haben.
VÖ: 08.06.2012
Domino Records (Rough Trade Distribution)
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