Fetsum – The Colors Of Hope

Fetsum

Fetsum hat einen langen und bewegenden Lebensweg hinter sich. Als Sohn eritreischer Freiheitskämpfer wurde er in Kairo geboren, nachdem seine Mutter im Krieg verwundet wurde und fliehen musste. Nach einigen Jahren in Rom ging es schließlich nach Stuttgart, wo Fetsum seine Liebe zur Musik und zu so unterschiedlichen Künstlern wie Bob Dylan, Donny Hathaway und Bob Marley entdeckte. Er arbeitete mit den Massiven Tönen (die gemeinsame Single „Stress“ chartete in den Top 60), schrieb einen Song für Max Herres Solodebüt und nahm 2005 die EP „Meine Musik“ auf, die jedoch floppte. Später nahm ihn Patrice unter seine Fittiche, während sich das Projekt, über ein eigenes Label im Monatszyklus neue Musik zu veröffentlichten, im Sand verlief. Was damals unter dem Banner „The Colors Of Hope“ lief, ist nun der Titel für Fetsums Debütalbum.

Die deutsche Sprache hat er längst beiseite gelassen und singt ausschließlich auf Englisch in einem Stil, den er selbst als ‚Urban Folk‘ – eine Mischung aus Folk, Blues, Singer/Songwriter, Reggae und Soul – bezeichnet. Der Opener „Say Who You Are“ konzentriert sich auf die soulige Seite, bewegt sich durch gemütliche viereinhalb Minute und dient Fetsums warmer Stimme als Bühne. Selbst der gelegentliche Kopfstimmeneinsatz gelingt, der Refrain mit den einfühlsamen Backings zählt zu den eindrucksvollsten Momenten dieser Platte. Auch der Reggae-Ausflug „Emotional Android“ lässt sich von vorne bis hinten genießen, verweist locker flockig auf die Patrice-Schule und kann es sogar mit Gentleman problemlos aufnehmen.

In „Egypt“ lässt Fetsum Vergangenheit und Gegenwart zu einer Soul-Blues-Melange zusammenfließen – gemeinsam mit dem etwas zu unscheinbaren „Queen Of My Heart“ (der einzigen kleineren Schwachstelle dieses Debüts) sicherlich der ruhigste und zugleich persönlichste Track des Longplayers. Viel spannender ist da schon „Divided By Thoughts“ mit orientalischen Einflüssen oder der Folker „Letter From Damascus“, das unbestrittene Highlight auf Fetsums Erstling. Zu Dylan’esken Klängen und einer Prise Worldmusic spielt sich der Stuttgarter in einen sechs Minuten langen Rausch, getragen von leidenschaftlicher Gitarrenarbeit und ebenso feiner Percussion. Man wird den Eindruck nicht los, einer ganz besonderen Jam-Session beizuwohnen.

Das Album mit „Birth Of A River“, einem fünfeinhalb Minuten langen Akustik-Instrumental ausklingen zu lassen, überrascht ein wenig, bereitet den Hörer aber auf die Rückkehr in die eigene Gegenwart vor. Binnen Sekunden war man in „The Colors Of Hope“ eingetaucht, mit dem weichen, entspannt flowenden Sound eins geworden, auf eine Reise durch ferne Länder und ein bewegtes Leben gegangen. Fetsum versteht es zu erzählen, erweist sich als herausragender Storyteller und Songwriter, der einen langen Weg gegangen ist, um die perfekten Rahmenbedingungen fürs Musik machen zu finden. Auf „The Colors Of Hope“ ist er angekommen und scheint sich schon wieder bereit zu machen, erneut aufzubrechen.

VÖ: 25.05.2012
Sonar Kollektiv (AL!VE)

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