Wise Guys – Zwei Welten

Wise Guys

Die Albentitel der Wise Guys hatten seit jeher einen tieferen Sinn, der mitunter erst auf den zweiten Blick zu erkennen war. Zu „Klartext“-Zeiten haben sie selbigen wirklich noch gesprochen, auf „Radio“ hat das Kölner A Cappella-Quintett ein komplettes Radioprogramm simuliert und der Titel „Klassenfahrt“ fing die Atmosphäre des dazugehörigen Albums perfekt ein. „Zwei Welten“ lautet der Titel des neuesten Werks und eben diese hält die Band für ihre Fans tatsächlich in petto, da das Album in zwei Fassungen erscheinen wird. Während Fassung Eins ausschließlich Songs im reinen Vocalpop-Sound enthält, setzt die Band bei der erst ab Herbst erhältlichen zweiten Fassung auf instrumentelle Unterstützung. Gleichzeitig stellt das neue Album auch einen Abschied dar, denn Bassist Ferenc Husta wird die Wise Guys nach der nächsten Tour verlassen. Ihm wurden die „Zwei Welten“ – Bandalltag und Familienleben sind schließlich unter einen Hut zu bringen – auf Dauer einfach zu viel.

Wie gut die bisherige Bandkonstellation funktioniert hat, beweist die neue Scheibe in jedem Fall. Ganze 16 Songs sind auf „Zwei Welten“ enthalten, darunter auch die gelungene, überaus peppige Vorab-Single „Lauter“. Weitere Highlights des Albums sind der Titelsong „Zwei Welten“, die Aggro-Parodie „Ich bin aus Hürth“, das bissig-parodistische „Deutsche Bahn“ und „Scheiße Scheiße Scheiße“, die Hymne an alle soeben Vierzig-Gewordenen. Die eigentliche Sternstunde des Albums stellt jedoch das abschließende „Jetzt ist deine Zeit“ dar, das mit seinem positiven Text und seinen depressiven Melodien einen gewollt extremen Kontrast zu bieten hat.

Stimmlich wie gesangstechnisch konnte man bei den Wise Guys von Album zu Album eine Steigerung feststellen. In diesem Punkt ist die Gruppe bei „Zwei Welten“ auf ihrem bisherigen Höhepunkt angelangt. So rund, so verspielt und derart technisch perfekt klangen die Kölner auf keinem der Vorgängerwerke. Doch wo Licht es, gibt es leider auch Schatten und selbiger ist im Bereich der Texte auszumachen. Sprühten die älteren Wise Guys-Alben noch schier über vor Wortwitz und waren textlich bis ins kleinste Detail ausgefeilt, so lassen sich auf „Zwei Welten“ leider eine große Zahl stilistischer Plattitüden entdecken. Manche Titel muten textlich gar langweilig an, andere, insbesondere das von der Grundidee her geniale „Mein Nachbar ist ein Zombie“, scheinen schlicht und einfach nicht zu Ende gedacht. Glücklicherweise gibt es auch Ausnahmen, so sind alle oben erwähnten Albenhighlights auch textlich brillant.

Insgesamt handelt es sich bei „Zwei Welten““um ein technisch perfektes, textlich zufriedenstellendes und vom Gesamteindruck her gutes Album. Es ist besser als das größtenteils unmelodische „Radio“ und mindestens genauso gut wie der Vorgänger „Klassenfahrt“, doch das Gesamtniveau von Scheiben wie „Wo der Pfeffer wächst“ und „Klartext“ können die Kölner Jungs anno 2012 leider nicht erreichen. Dennoch sollte sich das Album kein Liebhaber der Wise Guys’schen Sangeskunst entgehen lassen, da trotz erwähnter Schwächen viele überaus gelungene Songs darauf enthalten sind, die der geneigte Fan mit Sicherheit nicht ausschließlich auf dem nächsten Konzert, sondern auch ganz in Ruhe daheim genießen möchte. Der wahre Fan wird sich im Herbst vermutlich auch die instrumentierte Fassung holen, welche sich – Magnetismus sei Dank – ideal mit dem Erstling zu einem Doppelalbum verbinden lässt.

VÖ: 25.05.2012
Polydor Records (Universal Music)

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