Paradise Lost – Tragic Idol
Nur wenige Metalbands haben sich von Album zu Album derart weiterentwickelt wie Paradise Lost. War das Debütalbum noch Death Metal, wurde mit dem Zweitwerk „Gothic“ mal soeben der Gothic Metal neu erschaffen, welcher auf den weiteren Alben bis einschließlich „Draconian Times“ immer weiter perfektioniert wurde. Ende der 90er Jahre entwickelte sich die Band dann zu einer Art Depeche Mode-Kopie, nur um sich gleich darauf in elektro-rockige Gefilde zu begeben. Die Rückkehr zum reinrassigen Gothic Metal auf dem letzten Album „Faith Divides Us – Death Unites Us“ deutete sich auf den Vorgängern zwar schon an, doch erst jenes Album konnte an die großen Werke der 90er Jahre wirklich anschließen. Auf dem neuen Album „Tragic Idol“ setzt die Band diesen Kurs nun absolut linientreu fort.
So ist es dann auch ein Genuss, in Songs wie dem Opener „Solitary One“ sofort Gregor Mackintoshs ureigenes, klagendes Gitarrenspiel auszumachen. Auch Nick Holmes frönt bei nahezu allen Songs wieder seinem sehr rauen, aber doch melodischen Gesangsstil, den er damals auf „Icon“ perfektioniert hatte. Musikalisch sind Elemente aus mehreren Phasen der Band auszumachen. Das ruhige „Fear Of Impending Hell“ erinnert beispielsweise an die jüngere Vergangenheit, während das geniale „In This We Dwell“ oder das vorab veröffentlichte „Crucify“ durch und durch im Gothic Metal-Bereich verwurzelt sind. Das harte „Theories From Another World“ atmet dann gar aus jeder Pore den spröden Charme des „Shades Of God“-Albums, während „Worth Fighting For“ klingt, als wäre es genau zwischen dem Gothic Metal-Highlight „Draconian Times“ und dem Depeche Mode-lastigen „One Second“ aufgenommen worden.
Einen entscheidenden Unterschied zum Vorgängeralbum lässt sich allerdings gleich beim ersten Hören ausmachen, denn viele der neuen Songs sind nicht so sehr auf Eingängigkeit getrimmt wie noch auf „Faith Divides Us – Death Unites Us“. Der Hörer braucht schon den einen oder anderen Durchlauf, ehe der Zugang zu Titeln wie „To The Darkness“ oder dem abschließenden, sehr düsteren „The Glorious End“ vollständig erfolgen kann. Durch diesen Wechsel zwischen sofort zugänglichen Songs und eher sperrigen Werken stellen Paradise Lost letztlich sicher, dass die Halbwertzeit des neuen Albums noch höher ausfallen dürfte als jene des Vorgängers. Überhaupt lässt sich eigentlich fast nur Positives über „Tragic Idol“ sagen, denn Ausfälle sind schlicht keine auszumachen. Allerdings fehlt auf dem Album auf der anderen Seite ein Song mit Klassikerpotential wie beispielsweise der Titelsong der letzten Scheibe. Trotz dieses minimalen Mankos sollte hier wirklich jeder Paradise Lost-Fan zugreifen, denn hochwertiger und spielfreudiger als auf „Tragic Idol“ agierte die Band höchstens noch auf der „Icon“.
VÖ: 20.04.2012
Century Media (EMI Music)
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