Sport – Aus der Asche, aus dem Staub
Eilig hatten es Sport noch nie. Die Hamburger sind mittlerweile zum Quartett angewachsen – Jan-Eike Michaelis stieg bereits zur letzten Tour ein – und tauchten nach dem druckvollen „Unter den Wolken“ wieder ein klein wenig unter. Frontmann Felix Müller arbeitete mit Kante unter anderem an der musikalischen Untermalung zur „Antigone“-Inszenierung von Friederike Heller, weswegen die neuen Songs in den verschiedensten Studios und Proberäumen zwischen Hamburg und Berlin aufgenommen werden mussten. Dieses Hin- und Herspringen hört man „Aus der Asche, aus dem Staub“ – dem vierten Sport-Album in 15 Jahren Bandgeschichte – jedoch nicht an, denn 2012 wirken die Herren fokussierter und in sich ruhender denn eh und je.
Als Poeten und Geschichtenerzähler operieren Sport nach wie vor mit feiner Klinge. „Wer führt dein Leben“ eröffnet mit warmen Gitarrenklängen, klassischen Indie-Gitarren und dem für dieses Album zentralen Begriff ‚Leben‘, der in den vielfältigsten Formen zur Beobachtung der menschlichen Existenz dient. Der kurze Check-In „Wir wollten nur mal hören“ wird zum fünfeinhalb Minuten langen Exkurs, getragen von einer stoisch schrubbenden Rhythmusabteilung, die Piano und die in den instrumentalen Parts kratzigen Gitarren schultern, während Felix Müller mit beinahe unheimlicher Ruhe seine Zeilen durch den Äther jagt.
Gelegentlich treten die Hamburger aber doch das Gaspedal durch. „Sattelt die Hühner, wir reiten nach El Paso“ – ein fantastischer Songtitel – lässt stellenweise ein wenig Punk-Biss durchscheinen, ohne komplett auszuticken, während „Was du suchst“ Melodie über Melodie türmt, beinahe als so etwas wie ein kleiner Hit durchgeht. „Trotzdem“ hingegen gräbt alte Blur-Gitarren aus und schrammelt mit Druck durch dreieinhalb aufregende Minuten. Unbestrittenes Highlight ist jedoch „Der Tod singt den Blues“, ein Midtempo-Rocker aus der Perspektive des Schnitters, der eigentlich das Leben liebt, aber seiner grimmigen Berufung nicht entrinnen kann. „Keiner von euch heißt mich willkommen“ heißt es zu Beginn, „Ich fürchte, du wirst mir nicht entfliehen“ ein wenig später – der Tod steckt in der Sinnkrise.
Für Sport gelten derlei finstere Aussichten jedoch keineswegs: „Aus der Asche, aus dem Staub“ hat das Potential, ihr bislang stärkstes Album zu sein. Gerade der insgesamt etwas ruhigere Grundtenor tut den Hamburgern gut, auch wenn sich stellenweise der unweigerliche Tocotronic-Vergleich in so manchem ruhigen, beinahe schwelgerischen Moment aufdrängt. Von Krautrock und Oszillation ist das Quartett jedoch noch eine ganze Ecke entfernt. Die Wartezeit hat sich durchaus gelohnt, gerade weil sich die deutschsprachige Indie Rock-Elite an diesen elf bezaubernden Songs – Füllmaterial sucht man vergebens – messen lassen muss. Eine neue Kante-Platte dürfte nun auch langsam aber sicher um die Ecke kommen.
VÖ: 27.01.2012
Strange Ways (Indigo)
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