Gotye – Making Mirrors

Gotye

Aus Australien und Neuseeland strömen scheinbar im Akkord spannende, angenehm andere Electro-Pop-Acts (sowohl ‚Electro‘ als auch ‚Pop‘ sind im weitesten Sinn zu sehen – von Indie Pop über Funk bis Industrial wandert alles durch den Down Under-Fleischwolf), die die Charts und Airwaves mehr und mehr für sich erobern. Während man sich Empire Of The Sun, The Naked And Famous und Gypsy & The Cat kaum mehr aus der aktuellen Musiklandschaft wegdenken kann, hinterlässt nun auch Gotye seine Duftmarken in Deutschland. Der Australier mit belgischen Wurzeln erobert aktuell die Top 10 der deutschen Singlecharts – kein Wunder, dass sein mittlerweile drittes Studioalbum „Making Mirrors“ gleich nachgeschoben wird.

Besagter Chartbreaker ist das in Australien mit Sechsfach-Platin ausgezeichnete „Somebody That I Used To Know“, der gleichzeitig mit „Making Mirrors“ als 2-Track erscheint und es bislang nur durch Downloads auf die #6 geschafft hat. Zu einem angenehm reduzierten Indie Pop-Arrangement mit betont seltsamen Beeps und Bleeps singt Gotye über zerbrochene Beziehungen, unterstützt von der 21jährigen neuseeländischen Singer/Songwriterin Kimbra, deren sanfte, in den lauteren Passagen überaus fordernde Stimme den Song absolut bereichert. Zartes Understatement und beseelte Vocals sorgen für einen verdienten Hit, dessen B-Seite „Easy Way Out“ auch auf „Making Mirrors“ zu finden ist – ein knapp zwei Minuten langer Track zwischen ätherischen Strophen und beinahe aggressivem, rockigen Refrain. Gotye scheint hier seinen inneren Punk zu entdecken.

Das Album muss sich jedoch keineswegs hinter der Hitsingle verstecken – im Gegenteil, was danach kommt ist über weite Strecken noch stärker, teilweise auch deutlich experimenteller. „Eyes Wide Open“ klingt nach einer zukünftigen Single, geht ein wenig stärker in Richtung der bereits erwähnten Gypsy & The Cat, auch wenn gerade die Vocals ein wenig feiner, beinahe engelsgleich klingen. „I Feel Better“ hingegen ist eine Liebeserklärung an den Motown-Sound, unterstützt von einem herrlichen Backbeat. Nur eine Tür weiter simuliert „Giving Me A Chance“ die Perfektion einer Synthi-Ballade, bei der erneut weniger mehr ist. Gerade die Reduktion an sich liegt Gotye besonders gut, vor allem wenn sich die eine oder andere frankophile Note im Hintergrund tummelt.

Fans des großen Hits könnte der Australo-Belgier aber bereits wesentlich früher verlieren, wenn er in „State Of The Art“ eine Hommage an seine Lowrey Cotillion-Orgel bringt, was in etwa so klingt, als würde sich der viel zu früh verstorbene Supermax Dub-Klängen widmen. „Don’t Worry, We’ll Be Watching You“ hingegen verwendet die Atmosphäre einer Scheune, was auch immer das zu bedeuten hat. Mit weiterhin Chartbreakern hat das wenig zu tun, wohl aber mit einem faszinierenden Klangerlebnis, das Gotye auf seinem bereits dritten Studioalbum erzeugt. „Making Mirrors“ erinnert in seinem Spagat zwischen Hits und sympatischer Unberechenbarkeit an „Hurry Up, We’re Dreaming“ von M83 – ebenfalls ein kleines Meisterwerk der großen Überraschungen. Auf dass sich die „Somebody That I Used To Know“-Käufer frei von Scheuklappen dieser kleinen Perle widmen, denn der Australier hat sich jeden Happen Aufmerksamkeit für diese spannende Platte mehr als nur verdient.

VÖ: 16.12.2011
Vertigo Berlin (Universal Music)

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