Alice Cooper – Welcome 2 My Nightmare
Auch mit stattlichen 63 Jahren gehört Alice Cooper längst noch nicht zum alten Eisen. Zwar ist vom Schockeffekt seiner Anfangszeit kaum etwas übrig geblieben, aber nach über drei Dekaden mit regelmäßigen Releases und sich ändernden soziokulturellen Parametern dürfte dies kaum verwunden. Ursprünglich wollte Cooper eine Fortsetzung seines letzten Albums „Along Comes A Spider“ schreiben, worauf sein langjähriger Mitstreiter Bob Ezrin jedoch herzlich wenig Bock hatte. Stattdessen gibt es in Form von „Welcome 2 My Nightmare“ ein Sequel zum Platin prämierten Klassiker „Welcome To My Nightmare“ aus dem Jahr 1975, damals mit ellenlanger Tour, TV-Special und einer möglichen Broadway-Umsetzung in ferner Zukunft.
Alleine die Gästeliste sorgt bei (Rock-)Fans für Verzückung. Mit Dennis Dunaway, Michael Bruce und Neal Smith hat Cooper einige ehemalige Bandmitglieder zurückgeholt. Desmond Child, der den Klassiker „Poison“ produzierte hat ebenso mitgeschrieben wie Keith Nelson von Buckcherry und Dick Wagner („Only Women Bleed“). Ebenfalls zu hören: Kip Winger, Rob Zombie, John 5 und Ke$ha, die ebenso an den Lyrics zu „What Baby Wants“ mitgearbeitet hat. Eben jener Electro-Rocker ist eine faustdicke Überraschung: starke Hook, bissige Lyrics, überraschend gutes Duett. Wie schon Fergie von den Black Eyed Peas bei Slash muss man die Damen wohl nur aus ihrer Comfort Zone reißen für durchaus bemerkenswerte Resultate.
Besagte Electro-Klängen passen perfekt zu einem Album, dessen stilistische Breite gleichermaßen zu verwirren und begeistern mag, sieht man von den teil unnötigen Effekten auf Coopers Gesang ab, durch die sich der Opener „I Am Made Of You“ ein wenig zieht. Danach beginnt der Albtraum erst so recht mit Rockabilly-Klängen („A Runaway Train“), Zombie-Disco („Disco Bloodbath Boogie Fever“ – der Shockmaster klingt hier nicht zum ersten Mal wie Weird Al Yankovic) und einer klassischen Ballade („Something To Remember Me By“). Ebenfalls nicht zu verachten: die Roaring 50s-Sounds in „Last Man On Earth“ oder die geniale, bluesige Single „I’ll Bite Your Face Off“. Echte Gänsehaut kommt in „When Hell Comes Home“ auf – ein reduzierter Rocksong mit brodelnder Spannung. „I Gotta Get Outta Here“ als eigentliches Finale beschließt den Albtraum mit einer unerwarteten, dennoch typischen Wendung.
Vergleiche mit „Welcome To My Nightmare“ drängen sich auf, sind allerdings nur bedingt zulässig. Erneut gibt sich Alice Cooper theatralisch mit einem Album, das gerade zu nach der großen Bühne, nach einer ausgedehnten Tour und einem weiteren Konzertfilm schreit. Die stilistische Bandbreite weiß zu begeistern, die Texte pendeln zwischen Horrorshow und tiefschwarzem Humor, die Armada an Gästen zwischen Nostalgie und Zukunftsvisionen veredelt dieses Album. Vor allem sieht man aber den Altmeister vor dem inneren Auge, der den Taktstock schwingt und seine Mannschaft gen Kunstblut, Kutten und Vamps treibt. „Welcome 2 My Nightmare“ ist ein erfrischendes Spätwerk Alice Coopers, das das Erbe des längst als Klassiker in den musikalischen Kanon eingegangen Originals keineswegs beschädigt. Ein bisschen Horrorshow zwischendurch schadet sowieso nie.
VÖ: 16.09.2011
Nightmare Inc. (Universal Music)
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