Misty Range – Misty Range
Für den norwegischen Rock- und Metal-Unterground ist das Label Fysisk Format so etwas wie eine Lebensversicherung. Neben den kratzbürstigen Krachmachern Haust und Okkultokrati – gemeinsam mit Kvelertak aktuell die Vorzeigebands der neuen norwegischen Härte – bekommen aber auch deutlich ruhigere Künstler eine Chance. So auch das Duo Misty Range um den Jazz-erprobten Drummer Stig Rennestraum und den Blues- / Prog-Multiinstrumentalisten Arve Paulsen. Die Schnittmenge auf dem Debütalbum „Misty Range“ ist ein psychedelisch, beinahe krautiges Stück Musik mit einer Vorliebe für Experimente und überraschend eingängigen Momenten.
Die zehn Songs bestehen ausschließlich aus Nummern und einem Doppelpunkt, beginnend mit der 19, und können – je nach Lust und Laune – als Uhrzeit oder Spielstand gelesen werden. Wurscht, die Übergänge sind mitunter fließend, der Gesamteindruck jener eines einzigen mächtigen Übersongs mit kleineren Unterkapiteln. Gleich siebeneinhalb Minuten lang bäumt sich der Opener „19:23“ bedrohlich auf, lässt ein verkapptes Bond-Riff auf fiese Distortion und erstaunlich gespenstische Vocals treffen. Paulsens Gesangs wirkt wie aus einem anderem Universum, scheint verdammt weit weg zu sein und ist letztendlich nicht mehr als ein weiteres Instrument dieses musikalischen Irrenhauses.
Entsprechend beatesk bis krautig mit leichtem Noise-Einschlag brummt das Album voran, hat hier und dar kleinere Überraschungen zu bieten im gänzlich kaputten Bereich („19:02“), und in Form des Bonustracks „19:18“ sogar eine Art Hitkandidaten mit einem Hauch von Dinosaur Jr. und einer durchaus ansprechenden Melodie. Man meint es jedoch eher mit einem Ausreißer zu tun zu haben, so verträumt und luftig ist doch das Album an sich. Für Misty Range bedeutet das ein faszinierendes Debüt, das sich nicht so recht einordnen lässt und wie ein psychedelisch-noisiges Kunstwerk mit Jazz-Einflüssen und der einen oder anderen Blindgänger-Melodie zu punkten versucht. Fysisk eben – eine echte Herausforderung für die Ohren, dennoch aufgrund zahlreicher lichter Momente und fantastischer Drums ein durchweg spektakuläres Erlebnis.
VÖ: 27.05.2011
Fysisk Format (Cargo Records)
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