Blind Guardian – At The Edge Of Time
Viele alte Fans waren von den letzten Blind Guardian-Alben enttäuscht, da sich die Band immer mehr in symphonischem Bombast verzettelte und dabei die Songs an sich außer Acht ließ. Nicht wenige wünschen sich die alten, straighten Speed Metal-Kracher, mit denen sie Anfang der 90er für Furore sorgten, zurück. Andere schätzen dagegen die Verspieltheit der neueren Werke. Das Idealziel der Band müsste somit in der Zufriedenstellung beider Gruppen liegen. Und genau diese schwere Aufgabe meistert die neue Scheibe „At The Edge Of Time“ mit Leichtigkeit.
Zu Beginn werden die Bombastfreunde mit dem aus dem Computerspiel „Sacred 2“ bereits bekannten „Sacred Worlds“ belohnt. Wo der Song im Spiel aber noch mit schöden Keyboards auskommen musste, wird in der Albumversion gleich ein ganzes Orchester aufgefahren. Auch wenn die Fans eingängiger Powersongs erst mal den Kopf schütteln werden, ist der Einstieg ins Album als sehr gelungen zu bezeichnen. Für die Speedfreunde ist der zweite Song „Tanelorn (Into The Void)“ ohnehin viel besser geeignet. Hier trumpfen Blind Guardian mit ungezügelter Power auf, als hätte es Alben wie „A Night At The Opera“ nie gegeben. Thematisch wird hier zum zweiten Mal nach „The Quest For Tanelorn“ vom „Somewhere Far Beyond“-Album auf die Fantasiewelt Michael Moorcocks zurückgegriffen. Mit „Road Of No Release“ und „Ride Into Obsession“ folgen zwei Titel, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ersterer ist sehr symphonisch gehalten und richtet sich an die Fans jüngerer Zeitrechnung, zweiterer ist ein Power Metal-Song, in dem durchgehend Vollgas gegeben wird.
In Sachen Balladen hatte die Band ja schon immer ihren ganz eigenen Stil. Kitschige Schmalzsoftnummern muss niemand auf dem Album befürchten. Stattdessen bekommen wir mit „Curse My Name“ eine mittelalterlich-folkloristische Halbballade geboten, die im weiteren Verlauf immer mehr an Kraft gewinnt und an Bandklassiker der Marke „A Past And Future Secret“ erinnert. Wie schon bei den vorherigen Liedern agieren Blind Guardian hier auf höchstem Niveau. Und das hohe Level wird bis zum Ende des Albums durchgezogen. Besondere Highlights stellen im weiteren Verlauf noch das speedige, bereits als Single ausgekoppelte „A Voice In The Dark“ sowie das orientalisch angehauchte, orchesterunterstützte „Wheel Of Time“ dar. Diese beiden Songs repräsentieren zwei völlig unterschiedliche Seiten einer Band, die es mit ihrem neuen Album geschafft hat, sowohl die alten als auch die neuen Fans anzusprechen.
„At The Edge Of Time“ kann somit als das beste Album seit „Nightfall In Middle Earth“ bezeichnet werden. Vergessen sind die letzten zwei halbgaren Scheiben angesichts der Klasse und Abwechslung, die hier geboten wird. Mit diesem Album wird es Blind Guardian gelingen, wieder zu alter Größe zu wachsen.
VÖ: 30.07.2010
Nuclear Blast (Warner Music)
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