Ellie Goulding – Lights
Im Hypen von Newcomern sind die Briten wohl kaum zu übertreffen. Wer von der Fachpresse des Königreichs gefeiert wird, darf in der Regel mit einer europaweiten Karriere rechnen. Ellie Goulding führte zuletzt nicht nur das BBC-Ranking „Sound of 2010“ an, sondern räumte auch den „Critics’ Choice Award“ bei den Brit Awards ab. Das steigert sowohl das Medieninteresse als auch den Erwartungsdruck, der nun auf Ellies Debütalbum „Lights“ lastet. Kann es dem Hype überhaupt gerecht werden?
Auf den ersten Blick ist der Stil der 23-Jährigen eigentlich nicht revolutionär, wenn man sich an die letzten Jahre erinnert. 80s-inspirierten Electro-Pop mit weiblicher Stimme gab es nämlich schon bei Little Boots, La Roux und anderen zu hören. Was Ellie Goulding allerdings noch ergänzt, sind ihre bodenständige Singer/Songwriter-Attitude und gelegentlich durchschimmernde Folk-Anleihen. Genau diese Mischung präsentiert der frisch ausgekoppelte Opener „Guns And Horses“: akustische Gitarre trifft auf treibende Beats. Ebenso kommt man erstmals in den Genuss von Miss Gouldings außergewöhnlicher Stimme, die hoch und mädchenhaft ist, aber auch irgendwie eigenwillig und gerne mit Effekten akzentuiert. Vor allem passt sie hervorragend zum detailverliebten Synthi-Pop des Albums, der gleichzeitig in Ohren und Beine geht. So sind die bezaubernde Hitsingle „Starry Eyed“ und ihr Vorgänger „Under The Sheets“ mit seinen wuchtigen Drums nicht nur willkommenes Radiomaterial, sondern richtig mitreißende Dancefloor-Produktionen.
Während „This Love (Will Be Your Downfall)“ als leichtfüßig-harmloser Midtempo-Song vorbeizieht, überrascht „The Writer“ als einzige, dafür aber wirklich exzellente Popballade. Trotz Piano, zurückhaltenden Beats und Ellies zartem Gesang im Fokus wurde das Stück genau so arrangiert, dass von einem Fremdkörper keine Rede sein kann. „Everytime You Go“, „Wish I Stayed“ und „Your Biggest Mistake“ führen den Hörer anschließend zurück in die elektronischen Gefilde, wobei es ihnen nicht gelingt, nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Zwei Highlights hat man sich für das Finale aufgehoben: „I’ll Hold My Breath“ beginnt zunächst als melancholische Akustiknummer, entpuppt sich im Refrain allerdings als zuckersüße 80er-Bubblegum-Pophymne. Mit düsteren Synthis und mystischen Chören sorgt schließlich „Salt Skin“ noch für eine ordentliche Gänsehaut. Gleichzeitig wird ein letztes Mal auf beeindruckende Weise deutlich, wie frisch und ausgeklügelt die Produktionen von Starsmith, Frankmusik sowie Fraser T. Smith sind.
Nach 37 Minuten ist das Album vorbei. Leider, muss man sagen, denn zwei, drei Titel hätte man gerne noch gehört. Vielleicht im akustischen Stil, der auf „Lights“ ein wenig zu kurz kommt. Vielmehr konzentrierten sich Interpretin und Producer auf verspielte Synthi-Arrangements, tanzbare Beats und eingängige Singer/Songwriter-Melodien. Und selbst wenn Ellie Goulding die Musikwelt damit nicht revolutioniert (muss sie ja auch nicht), so ist der Hype um sie nicht unberechtigt. Charmant und unverbraucht sind doch auch schöne Eigenschaften – und die treffen auf „Lights“ in jedem Fall zu.
VÖ: 14.05.2010
Polydor (Universal Music)
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Kann mich anschließen – keineswegs revolutionär, dafür sehr gefällig, charmant und zu kurz. Auch wenn ich fürchte, dass sie sich – angesichts der Single-Platzierung – in den Charts ähnlich unspektakulär wie ihre Vorgängerin Little Boots schlagen wird.