Bullet For My Valentine – Fever

Bullet For My Valentine

Versierte Leidenschaft als Grundlage der kommerziellen Eigendynamik, Tränen umhagelt, gewaltig inszeniert und dazu dieser dämonische Blick unter jedem Riff – Bullet For My Valentines erste fünf wirklichen Jahre waren viel mehr als nur zwei Alben, die sie schnurstracks in die Top-Liga des Metalcore katapultierten: „The Poison“ und „Scream Aim Fire“. Der Erfolg beflügelte das walisische Quartett. Inklusive dessen musikalischen Zielen. Denn diese hinterfragt es auf seinem dritten Album „Fever“ prompt selbst.

Als Matthew „Matt“ Tuck einst mit seinen Kommilitonen Metallica unter die Saiten nahm, ahnte er vielleicht, wohin die Reise einmal geht. Zumindest weiß man es nach dem Hören von „Scream Aim Fire“ inzwischen ziemlich genau. Eben jener Matt Tuck wünschte sich nun für „Fever“ eine Steigerung bis an die Grenzen der eigenen Perfektion. Da schien das Optimum seiner Band vielleicht schon erreicht. Wie ihre Songs von höchst moderner Machart, so vielseitig intoniert, so durchkalkuliert und wohldosiert waren sie. Aber Authentizität bedeutet für die Bullets offenbar, das melodiöse Maximum auf die Spitze zu treiben.

Angefangen beim bodenständigen Einheizer des Drittlings „Your Betrayal“. Mit partieller Double-Base untermauert, gelingt ein wuchtiger Auftakt. Gefolgt vom geradlinigen Titeltrack „Fever“. Aggressive Gitarrenarbeit und eine infektiöse Hookline reißen sich hier geradezu um die Rolle des Partystarters. Rock’n’Roll! So sauber der Gesang dabei anmutet, desto deutlicher scheint die Initialzündung für das weitere Album zugunsten von mehr denn je poppigen Ambitionen der Band.

Was ihrer Tiefgründigkeit aber keinen Abbruch tut. Man höre „The Last Fight“. Die zudem erste Auskopplung beschreibt den Kampf derjenigen, die Drogenabhängige von ihrer Sucht losreißen wollen. Derweil heißt es Feuer frei zum Ritt aus peitschenden Riffs und fetzenden Drums. Instrumentell fein abgestimmter Enthusiasmus – nicht nur an den Saiten sowie am Schlagwerk, auch Tucks Gesang sitzt wie die Faust aufs Auge. Flankiert wird er dabei vom Backing-Doppel Michael Paget / Jason James.

Angereicht durch die traditionelle Ballade („A Place Where You Belong“), die einem abgeschwächten „Tears Don’t Fall“ nahe kommt, und den teils wütend („Pleasure and Pain“) bis spielfreudig („Alone“) durchkreuzenden Songs, bieten die Bullets ein rockendes Spektrum aus durchweg packenden Kompositionen. Dazu lockt das leichte „Breaking Out, Breaking Down“, bei dem höchstens noch der eingestreute gutturale Gesang an die Anfänge erinnert. Eben jene Erinnerung, deren Farbe in „Bittersweet Memories“ schön schwerfällige Töne annimmt.

Deutlicher fetziger wird’s wieder mit „Dignity“, wenn hier auch etwas die Identität fehlt. Die Überleitung auf „Begging For Mercy“ sitzt trotzdem gekonnt. Endlich kracht man wie gewohnt in die Vollen. Das heißt, wütende Screams, Doublebase-Donner sowie peitschende Gitarren, deren melodiöser Abgang ganz im Gesang des cleanen Chors steht. Eine Spur gezähmter agiert man in „Pretty On The Outside“, verschiebt geschickt das Tempo und bläst zugleich zum Finale.

Eben jenes rundet schließlich ab, was ohnehin nicht über die bisher gekannten Kanten verfügt. Man mag es der mainstreamigen Reife zusprechen, oder aber einfach feststellen, dass Bullet For My Valentine ihre Effizienz tatsächlich nicht dort sehen, wo viele sie gehört haben mögen. Matt Tucks Gesang ist klarer denn je, jedes Herausbrechen gezielt eingesetzt. Auch die Hitdichte stimmt unter dem neuen, sanfteren Vorzeichen. Songwriting, Sound und Produktion überzeugen. Kurzum, mit „Fever“ sind aller guten Dinge drei. Den dämonischen Blick brauchen die Waliser zum Abräumen jetzt nicht mehr.

4/5 | Album | 23.04.
No, Butyes! (Sony BMG)

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