Culcha Candela – Schöne neue Welt

(c) Olaf Hein

„Schöne neue Welt“ ist bei weitem nicht das erste Culcha Candela Album – um genau zu sein ist es sogar schon die „Numma Via“ – um im Slang der Band zu bleiben. Trotzdem ist diesmal alles etwas anders: Zum ersten Mal hat die Multikulti-Band aus Berlin Top Ten Erfolge und vor allem einen Nummer 1-Hit im Nacken, der bei der Produktion einen gewissen Druck erzeugt haben dürfte. Ob es ihnen gelungen ist mit „Schöne neue Welt“ ein „schönes neues Album“ zu fertigen? Lest selbst…

Wie schon bei der Vorgänger LP fällt eine Einteilung der Album-Tracks in zwei Kategorien auf. Die erste Kategorie beinhaltet meist komplett deutschsprachigen Party-Pop, der zielsicher auf den aktuellen Geschmack der jungen Zielgruppe zugeschnitten ist. Hierzu zählen natürlich die ersten beiden Singleauskopplungen „Schöne neue Welt“ und „Monsta“. Vor allem letzterer steht den Hits „Hamma“ und „Ey DJ“ um nichts nach. Auch „Eiszeit“ fällt in diese Sparte. Der leicht elektronische Song erinnert stellen- bzw. sampleweise an Ida Corrs „Let Me Think About It“, jedoch ohne dieses direkt zu kopieren. Auch die gehauchten „Tau mich auf“-Vocals gehen sehr stark in Richtung des Dance-Smashers. Die „Coolness“ des Songs wurde sowohl textlich als auch musikalisch konsequent durchgezogen. Die elektronischen Elemente halten sich in Grenzen und auch auf den anderen Nummern des Albums ist von dem allgegenwärtigen Elektro-Boom(-Boom-Pow) nichts zu spüren. Ebenfalls komplett in Deutsch und für die Massen gut geeignet ist „Somma im Kiez“ – der Track macht sofort gute Laune und regt bereits beim ersten Hören zum Mitgrölen an. Bahnt sich hier der Sommer-Hit 2010 an? Wir werden es sehen…

In die zweite Kategorie gehören dagegen Songs, wie Culcha Candela sie seit Anbeginn ihrer Karriere basteln. Man spürt richtig, dass ihnen diese förmlich aus der Seele sprießen, denn sie kommen ehrlich und locker rüber. Hier steht das Urkonzept, nämlich die Vereinigung der unterschiedlichen Rassen und Kulturen im Mittelpunkt. Auch wenn diese Songs Schuld an der breiten Fan-Basis der Culcha-Jungs sind, werden sie wohl so schnell nicht als Single veröffentlicht werden. Schade eigentlich, denn zum Beispiel „I Like It“ gehört zu einem der besten Songs des Albums. Das kubanische Salsa-Feeling geht sofort ins Blut und die spanischen Raps passen ideal zu den deutschen Parts. Zudem erweißt sich der Refrain als besonders originell: „Das ist die next generation in da city am Start, die Chicas sind der Hamma und der DJ kommt klar, alles läuft glatt, der Partybus hat geparkt, es ist für uns und alle Homies ein besonderer Tag“ Na, aufgefallen? Richtig, hier wurden insgesamt acht Titel älterer Candela-Tracks zu einem Refrain verbaut. Wenn das nicht mal ein Geschenk für alle Fans dieser Nummer ist?

Ebenso überzeugend, wenn auch ungewohnt relaxt ist der Groover „The Greatest“, der beinahe etwas 80s-Disco-Feeling versprüht. In dieser Nummer geht es in einem einfallsreichen Text um verschiedene Lebensstile und ein Tolerantes Miteinander. Noch eine Spur entspannter, aber weit entfernt von dem leisesten Hauch an Langeweile ist „Relax“, einem chilligen Sommer-Smoother. Im Gegensatz zu der ebenfalls enthaltenen, gewöhnungsbedürftigen und etwas zu kitschigen Ballade „Manchmal“ ist der Track „Nobody“ sehr emotional und auffällig. Beinahe theatralisch und episch geht es hier um ein Liebesgeständnis, das durch Fanfaren und Streichern filmreifes Gänsehaut-Feeling erzeugt. Beeindruckend!

Nach dreizehn Nummer endet „Schöne neue Welt“ mit „Steh auf“. Herrlich motivierend bietet der Track beinahe einen Lösungsweg aus der zu Beginn im Titeltrack „Schöne neue Welt“ beschriebenen Situation: „Keine Lügen, kein Hass, kein Frust mehr – keine Kriege, kein Spast namens Bush mehr“. Wir sind alle eins und können die Welt in eine bessere verwandeln. „Komm wir malen ein neues Bild, eine schöne neue Welt – wenn Du willst, dass sie Dir gefällt, dann sieh zu, dass Du Pinsel und Farbe in der Hand hältst“. Passend dazu gibt es afrikanische Gesänge im Chorus und jede Menge Trommeln. Das sind Culcha Candela – Völker verbindend, mehrsprachig, ergreifend und mit Message.

Auch wenn man sich durch die Kombination der beiden besprochenen Kategorien erst ein wenig an „Schöne neue Welt“ gewöhnen muss, hat man sich erst einmal reingehört stellt man fest: Culcha Candela haben hier ein abwechslungsreiches Album gestaltet, dass sowohl alte als auch neue Fans überzeugen dürfte. Die Anzahl der favorisierten Tracks steigt mit jedem Durchgang. Und wer weiß, vielleicht erleben wir nächstes Jahr noch einen Überraschungs-Hit aus diesem Album. Potential ist auf alle Fälle vorhanden! Im Vergleich zu früher sind die Songs zwar deutlich poppiger geworden, aber solange die sieben „bunten“ Jungs aus Berlin ihre Wurzeln nicht völlig vergessen, müssen wir uns auch in Zukunft keine Sorgen um gute Culcha Candela Song machen.

VÖ: 28.08.2009
Urban (Universal)
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