Stratovarius – Polaris
Kollabiert, gestorben und nun back on Stage: Die finnischen Melodic/Power-Metaller Stratovarius haben die schwersten Jahre ihrer 27jährigen Bandgeschichte hinter sich. Höhepunkt war die Trennung von Gitarrist Timo Tolkki und dessen bittere Botschaft der Auflösung im April 2008. Mittlerweile hat er in Revolution Renaissance seine Zukunft gefunden, wie auch die ehemaligen Mitstreiter um Sänger Timo Kotipelto. Tolkki übergab ihnen alle Rechte an den gemeinsamen Songs und so stand dem Comeback von Stratovarius nichts mehr im Weg. Mit neuen Kräften an den Saiten präsentiert man „Polaris“ – den leuchtenden Polarstern, einem hellen Vorschein auf das zwölfte Studioalbum.
Es steht neben der Rückkehr von Band und Leidenschaft auch für eine Besinnung auf die krachenden Zeiten der „Elements“-Alben. Umweht von einem frischen Wind, startet Polaris durch mit dem hymnischen Opener „Deep Unknown“. Forciert hinterlässt vor allem Neu-Gitarrist Matias Kupiainen ein positives Bild an Spielfreude, dem Kotipelto gesanglich in nichts nachsteht. Der Aufgang des Sterns am nördlichen Himmelszelt ist gelungen. Flankiert vom leidenschaftlichen „Falling Star“ sowie dem eher schwerfälligen Midtempo-Rocker „King of Nothing“, lässt anschließend „Blind“ die klassische Facette Stratovarius’ aufleben. Dem einleitenden Cembalo folgt ein durchriffter Ritt in bester Power-Metal-Manier. Funken sprühen, es ruckelt kräftig und Abheben ist ausdrücklich erlaubt.
Mit bester Erinnerung an „4000 Rainy Nights“ oder „Papillon“ kehrt in „Winter Skies“ die Erkenntnis zurück, wie beeindruckend das balladeske Gefühl der Band sein kann. Hier mit teils harten Riffs untermauert, verdienen sich malerische Piano-Soli und Kotipeltos stimmliche Hingabe große Anerkennung. In „Forever Is Today“ donnert dazu die nächste Power-Metal-Nummer heran. Im Doppel mit „Higher We Go“ zeigt sich ein angenehmer Kontrast aus bedingungsloser Triebkraft und melodiösem Feingefühl. Selbiges, allerdings um ein paar Umdrehungen ärmer, bietet „Somehow Precious“.
Kein Vergleich zu der zweiteiligen „Emancipation Suite“. Ganz den in „Dusk“ und „Dawn“ betitelten Gegenpolen bieten sich dem Hörer zwei Welten. Die dunkle, unerbittliche Kraft, gefolgt von den sentimentalen, unschuldigen Klängen eines neuen Tages. Nicht atemberaubend, aber mit seiner konzeptionellen Atmosphäre eine flüssige Überleitung in das schließende „When Mountains Fall“ schaffend. Streicher umhüllen dessen ruhiges Antlitz, einem kraftlosen Ausklang dieser ansonsten sehr positiv gestimmten Rückkehr. – Die Rückkehr von Stratovarius, welche mit Polaris offenbar unter einem guten Stern steht. Ausgeklügelte Arrangements sind ebenso zu hören, wie Songs von härterer Gangart. Trotzdem mag beides nicht ganz über den Abgang Tolkkis hinwegtäuschen, dessen substantielles Songwriting mit letztem Biss einfach fehlt. So ist das Gebotene keine Neuerfindung oder Überraschung, dafür viel mehr die freudige Erfüllung all derjenigen, die gehofft haben, dass die Finnen ihr Lebenswerk nicht loslassen. Back on Stage – keep on rockin’!
15.05. | Album | 3,5/5
earMUSIC (Edel Music Distribution)
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Video „Deep Unknown“: